Harvest Thieves – As The Sparks Fly Upward
(VÖ: 20.10.2023)
Fünf Musiker und eine Kollegin bilden die Formation Harvest Thieves. Eine Formation, die sich selbst eher eine Combo als eine Band nennen. Ihre Wurzeln, die fest im Texas Country Rock zu verorten sind, haben der Combo ihren Alternative Sound, Country Rock und “State Of The Art“ Sound gegeben. Klare Arrangements mit feinen Gitarrenriffs als Dauerbegleitung sowie unmissverständliche Texte prägen den soliden Eindruck der Musik auf ihren zweiten Full Track Album “As The Sparks Fly Upward“. Harvest Thieves spielen mit Rhythmen, mit Sounds der Vergangenheit ebenso wie mit modernen Alternative Präsentationen. Das ist alles andere als langweilig. Musikalisch durchaus anspruchsvoll und für die geneigten Zuhörer fordernd kommen Titel wie “Gaslighter“ mit Annah Fisette als Lead Sängerin und ausgedehnten Gitarrensoli schlussendlich in bombastischer Manier daher. Doch sogleich präsentieren Harvest Thieves mit “McCulloch County Wind Chimes“ eine total puristische Ballade, die in ihrer Klarheit und Einfachheit besticht. Es geht aber auch locker flockig wie bei “Friendly Fire“ welches mit einem mitreißenden Rhythmus und wiederum ausgedehnten Gitarrensoli einen richtig gutes Hörvergnügen bietet. Texte? Ja, da muss man sich mal intensiver mit befassen. Cory Reinish hat die meiste Lead Vocals zu leisten und sein Gesang will keine konzertanten Eindrücke erzeugen. Er klingt, als könnten alle Konsumenten da problemlos mitsingen. Der Schein trügt ein wenig. Aber toll wie die Combo Harvest Thieves ihre Instrumente, ihren Gesang, ihr Arrangement zu einem homogenen Ergebnis zusammenbringen. Dem Titel “Unrequited“ haben sie die meiste Spieldauer eingeräumt. Hier ist wieder Annah Fisette die Protagonistin, die eher zart und verletzlich den Song einleitet. Mit einem retro-modernen Arrangement steigert sich der Titel um unvermittelt wieder in Melancholie zu wechseln. So kann man Gefühle in Musik übersetzen. Wenn eine feine Steel Guitar den letzten Titel “Empire Falls“ einleitet, hat man bereits jede Menge guter musikalischer Ideen und Ansprüche genießen können. Diese Dreiviertelstunde gehört zweifelsohne zu den besseren Zeitvertreiben. Da werden einige Liebhaber ganz sicher die Funken fliegen lassen.
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Southall – Southall
(VÖ: 22.09.2023)
Eingebettet zwischen Anfangs- und Schlusstitel, die beide als Balladen mit Country Music Bezug gelten können, hat die Band Southall, benannt nach ihrem Leader Read Southall, knallharte Rockmusik auf dem Album “Southall“ zu bieten. Erst hat man den Eindruck, wow, da kommt etwas Neues und Frisches und dazu noch aus New York auf die Country Music zu. Doch es stellt sich schnell heraus, dass die Band in fremden Gewässern fischen möchte. Sorry, aber das hat im Genre Country Music nur bedingt Platz.
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Rosanne Cash – The Wheel (30th Anniversary Deluxe Edition)
(VÖ: 17.11.2023)
Welch einen steinigen Weg musste Rosanne Cash gehen, bevor ihr die Aufmerksamkeit und Achtung entgegengebracht wurde, die sie verdient. Als Tochter des in der Country Music unumstrittenen “Übervaters“ Johnny Cash, hat sie einen langen Atem gebraucht, die eigene Karriere auf sicheres Fundament zu bauen. Das Talent hat der Papa ihr vererbt, keine Frage. Sehr konsequent und durchdacht, dass nun mit dem Doppelalbum “The Wheel“ zum 30-jährigen Jubiläum nicht ein Remake ihrer Top Erfolgsalben “Seven Year Ache“ aus 1981 oder “Rhythm & Romance“ aus 1985 auf den Markt kommt. “The Wheel“ bildet mit den 11 remastertenTracks des ursprünglichen Albums den ersten Teil der Jubiläumsausgabe. Okay, das waren damals schon sehr kommerzielle Popadaptionen. Doch heutzutage klingen die Titel beinahe schon wie “gute alte Country Music“. Na ja, nicht wirklich. Im zweiten Teil kommen fast alle Titel noch einmal als Live Mitschnitte vor. Was übrigens nur die tatsächliche Klasse von Rosanne Cash unterstreicht. Dieses Album mit 22 Tracks ist zu Recht eine Reminiszenz an eine tolle Künstlerin, die immer irgendwie “nur“ die Tochter von…war. Manchmal sind die Anniversary Alben überflüssig. Hier aber ist es eine sehr feine Erinnerung.
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John R. Miller – Heat Comes Down
(VÖ: 06.10.2023)
Wie dicht Folk und Country verwandt sind, demonstriert John R. Miller auf seinem Album “Heat Comes Down“. Mit einem Retro Arrangement erinnert es an die glorreichen Zeiten von Creedance Clearwater Revival und dennoch sind die 11 Tracks keine Kopien alter Überlieferungen. Miller erzählt in seinen Songs und präsentiert seine Titel auch einmal außerhalb der Country Music Grenzen. Hier steht die Musik im Vordergrund, ohne Genrezwänge. Da ist es einmal tiefer Blues wie bei “Ditcher“, mal geschmeidiger Blues wie bei “Insomnia Blues“. Dann wieder Singer/Songwriter Material wie bei “Smokestacks On The Skyline“. Manchmal erinnert John R. Miller an Bob Dylan. Auf jeden Fall eigenständig und auffordernd, seine Texte einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Wenn mit “Press On“ der letzte Titel verklungen ist, hat man garantiert feine Unterhaltung genossen.
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Vincent Neil Emerson – The Golden Crystal Kingdom
(VÖ: 10.11.2023)
Oft schon wurden sie herbeigesehnt, die Selbstheilungskräfte innerhalb der Country Music. Vor allem immer dann, wenn Mainstream Pop und Rock der Country Music die Lebensgeister auszusaugen drohte. Doch da tauchen immer wieder Künstler auf, wie Vincent Neil Emerson, die sich mit ihrem Songwriting dagegenstemmen. Mit seinem dritten Album “The Golden Crystal Kingdom“ hat der Texaner 12 Titel präsentiert, die überwiegend Singer/Songwriter Music vom Feinsten präsentieren. Manchmal meint man, Bob Dylan sei der Songwriter und der Interpret. Vincent Neil Emerson hält den Blick gern auf die Underdogs im Leben, auch auf die Kollegen, die als Straßenmusiker auf ein besseres Leben hoffen, wie im Opener “Time Of The Rambler“. Ja mehr noch, er hadert im Titelsong “The Golden Crystal Kingdom“ mit dem Upper Class Publikum, welches so wenig von dem versteht, was ein Songwriter zu sagen hat. In dem Titel “Hang Your Head Down Low“ wird mit beschwingtem Rhythmus eine Story eines Kriminellen erzählt, der wohl auf seine Hinrichtung zusteuert. Die bittere Ballade “Co’dine“ beschreibt düster die Auswirkungen einer Drogenabhängigkeit. Mit teils entwaffnender Einfachheit des Arrangements lässt Vincent Neil Emerson seine Texte im Vordergrund.
“The Golden Crystal Kingdom“ von Vincent Neil Emerson ist ein Album, welches sich wohltuend vom Einheitsgedudel des Mainstream Country Pop abhebt und welches Country Music präsentiert, echte Country Music.
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Tim McGraw – Poet’s Resumè
(VÖ: 20.11.2023)
Lange hat man gewartet, dass Tim McGraw sich wieder im Studio ans Mikrofon stellt. Mit der EP “Poet’s Resumè“ füttert er die Nachfrage der Fans zwar nur mit mageren sechs Tracks. Doch hat er sich selbst hervorragend in Szene gesetzt. “20 For 30“ präsentiert Tim McGraw bei bester Stimme und Verfassung. Wie man es von ihm kennt, sind die Texte oft schlagerverwandt doch mit den modernen pompösen Arrangements ergibt sich ein ums andere Mal ein Ohrwurm. “One Bad Habit“ etwa oder im Titelsong “Poet’s Resumè“. Die EP gleichen Namens ist ein wohlschmeckender Appetithappen. Sollte sich Tim McGraw weiterhin einer ernstzunehmender Country Music widmen, wird er lange Zeit im Gedächtnis der Fans bleiben.
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Aaron Watson – Cover Girl
(VÖ: 27.10.2023)
Eine schöne Idee hat Aaron Watson mit seinem Album “Cover Girl“ umgesetzt. Elf Coversongs hat der Texaner modern aufgehübscht und mit elf Partnerinnen appetitlich dargeboten. Mit dem Rosanne Cash Hit “Seven Year Ache“ beginnt sein Album. Mit Kollegin Morgan Myles hat er den Lada Gaga Knaller “Million Reasons“ in das Country Genre transformiert. “Back On The Chain Gang“, einst ein Hit der Pretenders, folgt mit Kollegin Twinnie. Seine Duett Partnerinnen hat Aaron Watson mit Bedacht ausgesucht. So werten Jamie Lin Wilson bei “Love At The Five And Dime“ und Bri Bagwell bei “Can’t Cry Anymore“ die Songs auf. Es ist angenehm zu hören, dass Aaron Watson sich selbst nicht in den Vordergrund drängt, sondern seinen Partnerinnen den nötigen Raum lässt. Mit “All Through The Night“ lassen er und Leigh Nash den Cyndi Lauper Hit wieder auferstehen. Diesmal ist die Transformation in das Country Genre etwas weniger gelungen. Dafür hat es bei “You’re The Reason God Made Oklahoma“ mit Kimberly Kelly umso besser geklappt. Der Taylor Swift Song “Never Grow Up“ beschließt das Album “Cover Girl“. Alles in allem ist dieses Album leichte Unterhaltung.
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Jon Pardi – Merry Christmas From Jon Pardi
(VÖ: 27.10.2023)
Wer ein Christmas Album mit weniger Pathos in seine Playlist zum Fest der Feste einreihen möchte, ich mit dem Album “Merry Christmas From Jon Pardi“ gut versorgt. Nicht nur, dass der Sänger aus Kalifornien einige der bekannten Christmas Songs mächtig entstaubt hat, er fügt auch ungewöhnliche Klänge hinzu. Etwa bei “Merry Christmas From The Keys“ mit karibischem Arrangement. Oder dem lasziven Titel “I’ve Been Bad, Santa“ mit Kollegin Pillbox Patty. Swingen kann der Man auch. Sein “Winter Wonderland“ ist unique. Die 12 Tracks auf dem Album “Merry Christmas From Jon Pardi“ ist vielleicht nicht unbedingt am Heiligen Abend die richtige Begleitmusik. In der Vorweihnachtszeit aber auf alle Fälle.
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Burrito Brothers – Christmas
(VÖ: 13.10.2023)
Ob mit oder ohne “Flying“ im Bandnamen sind die Musiker der Band, die seinerzeit von Gram Parsons und Chris Hillman gegründet wurde, bis heute hin zur aktuellen Besetzung dem Country Rock Genre und der Provokation und kritischen Auseinandersetzung mit etabliertem Music Business treu geblieben. Wenn solch widerspenstige Geister ein Christmas Album veröffentlichen, muss man sich auf Einiges gefasst machen. Da gibt es psychedelisch angehauchte Alternative Titel wie “Spirit Of The Season“, ein anarchisch arrangiertes, über sechs Minuten währendes “Christmas“ oder ein eher verstörendes Punk Music verwandtes, mit über acht Minuten Spieldauer, stressiges “Christmas Time Is Here Again“. Wer bis hierhin ausgehalten hat, muss noch den zwölften und Schlusstitel “Happy New Year“ über sich ergehen lassen. Dann allerdings fragt man sich, was diese Songauswahl bewirken sollte. Außer, dass man sich mit Grauen abwendet und beim Namen Burrito Brothers Fluchtgedanken entwickelt. Also Weihnachten kommt recht gut ohne diese Musik aus.
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Chris Stapleton – Higher
(VÖ: 10.11.2023)
Vielleicht ist Chris Stapleton nicht das Rückgrat der aktuellen Country Szene in Nashville. Aber ganz sicher ist er Nerv, Muskel und Sehne. Drei Nominierungen zu den kommenden CMA Awards sprechen eine deutliche Sprache. Nicht nur für seine Solo Projekte, auch für die Kollaborationen mit Kolleginnen und Kollegen oder für sein Songwriting soll der bärtige Mann aus Kentucky geehrt werden. Ein Award ist ihm bestimmt sicher. Mit seinem fünften Album “Higher“ hat Chris Stapleton erneut ein Hohelied auf die Liebe angestimmt. Im eher verhaltenen Opener “What Am I Gonna Do“ stellt er die Frage, was er ohne “Sie“ machen würde und man darf mutmaßen, dass seine Frau Morgane angesprochen ist. In seinem sehr eigenwilligen Gesangsstil zelebriert er den Blues Titel “South Dakota“. Keine Frage, dass Chris Stapleton mit ganz wenig Arrangement, leiser Gitarrenbegleitung und seiner außergewöhnlichen Intensität im Gesang seine Titel zu Emotionsstrudeln gestalten kann, die seine Zuhörer geradezu verschlingen können. “It Takes A Woman“ ist solch ein Beispiel. Da lässt er allen Schutz von sich fallen und präsentiert (s)eine emotional angreifbare Seele. Leider hält die Songauswahl dem phasenweise enorm hohen Standard nicht durchgehend stand. Besonders die oft sehr ausgewalzten Bluestitel zerreißen das Album “Higher“ in zwei Teile. Blues und Country. “White Horse“ präsentiert dann wieder den Chris Stapleton, der auf den Vorgänger Alben mit seiner Kraft und Eindringlichkeit begeisterte. Was der Mann gesanglich imstande ist, beweist er im Titelsong “Higher“, dessen Lyrics aber nur so vor Liebes Plattitüden trieft. Mit dem folgenden Titel “The Bottom“ befreit er dann die geneigten Konsumenten aus der zuckersüßen Umklammerung. Mit Zeilen wie:“ Wenn mein Herz aufhört zu zerbrechen, wenn meine Augen nicht mehr weinen, wenn es einst einen Tag gibt, an dem ich ohne dich leben kann, das wird der Tag sein, an dem ich sterbe.“, treibt er das Genre der Tear Jerker Love Songs im Titel “The Day I Die“ auf die Spitze. Aber, ganz CS, man nimmt es ihm ab. Mit 14 Tracks ist das Paket “Higher“ von Chris Stapleton vollgepackt. Die Längen zwischen den wirklich begeisternden Titel seien diesem Ausnahmekünstler verziehen. Dafür ist die Demonstration, wie man mit Text und Musik und Arrangement tolle Effekte erzielen kann, zu mächtig.
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Home Free – As Seen On TV
(VÖ: 17.11.2023)
Die fünf A Capella Vituosen der Formation Home Free können es selbst kaum glauben, dass sie bereits seit 10 Jahren ihre erfolgreiche Karriere fortsetzen können. Vielleicht ist es ihre Mixtur aus Popsongs, Country Weisen oder Rock Klassikern, die ihre Alben, ihre Liveauftritte oder ihre elektronische Medienpräsenz so anziehend macht. Mit dem zehn Titel umfassenden Album “As Seen On TV“ schauen die Gesangsartisten aus Minnesota auf die vergangene Dekade musikalisch zurück. Mit ihrer Version des Florida Georgia Line Hits “Cruise“ beginnt die Retrospektive. “Live Is A Highway“ folgt und leitet über zu dem beeindruckenden “Ring Of Fire“ der ein Identifikationssong von Johnny Cash wurde. Dessen ehemaligem Nachbarn Roy Orbison widmeten Home Free das “Oh, Pretty Woman“. “Colder Weather“ hofiert Kollege Zac Brown und Hunter Hayes Song “I Want Crazy“ folgt auf dem Fuß, bevor der Evergreen “Stand By Me“ vom legendären R&B und Soul Interpreten Ben E. King in der Bearbeitung von Home Free erklingt. Auch vor Boy Band Pop Music machen Home Free kein Halt und interpretieren “Bye, Bye, Bye“ welches seinerzeit von der Formation NSYNC um Justin Timberlake zum Welthit wurde. Was könnte sich besser als Schlusstitel eignen, als “Listen To The Music“, dem Klassiker der Doobie Brothers. Sowohl Demonstration der unglaublichen Musikalität von Home Free als auch eine Aufforderung nicht nachzulassen im Bemühen, gute Musik zu konsumieren und deren Interpreten zu unterstützen. Muss man eigentlich noch erwähnen wie die tollen Tenöre und der knackige Bass mit dem Beat Boxing so genial funktionieren? Wer Home Free noch nicht kennt, sollte hier mal richtig die Ohren öffnen.
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Riley Green – Ain’t My Last Rodeo
(VÖ:13.10.2023)
Seit 2017 macht der ehemalige Quarterback des Football Teams der Universität seiner Heimatstadt Jacksonville, Alabama, mit einigen EPs und nun mit seinem zweiten Studioalbum “Ain’t My Last Rodeo“ und seiner modernen kompromisslosen Country Music auf sich aufmerksam. Mit dem Coversong “Damn Country Music“, 2015 der Titeltrack des Albums von Tim McGraw, beginnt die Reise auf dem neuen Album von Riley Green. Bei allen anderen der verbleibenden 11 Titel hat er maßgeblich mitgearbeitet. Für “Different ‚Round Here“ hat er sich Luke Combs als Duett Partner gesichert und bei “Copenhagen In A Cadillac“ mischt der Rapper Jelly Roll kräftig mit. Da geht dann auch gleich die Post ab. Neben den munteren, rockigen Country Song hat Riley Green aber auch ruhige, besinnliche Balladen zu bieten. “My Last Rodeo“ etwa oder der Schlusstitel “Ain’t My Damn To Give“ sind echte Laid Back Schmeichler für die Ohren. Das Album “Ain’t My Last Rodeo“ von Riley Green bietet garantierte Unterhaltung auf hohem musikalischem Niveau. Texte, denen man gern zuhört, eine Stimme, die authentisch präsentiert ist und Melodien, die einfach Spaß machen. So geht Country heute.
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John Rich – The Country Truth
(VÖ: 18.08.2023)
Ein beeindruckend intimes Album stellt John Rich mit “The Country Truth“ vor. Der Bassist, der einst in der Band Lonestar schon zu großem Erfolg beigetragen hat, war später im Duo Big & Rich mit Partner Big Kenny genauso erfolgreich. Seine Solo Karriere hat John Rich voll im Griff und widmet sich mit großem Talent seiner Country Music. Und ja, das Album welches im Titel “Country“ trägt, ist auch ein Country Album. Bei “Shut Up About Politics“ trifft John Rich den Nerv der Zeit, wenn er davon berichtet, dass man keine Lust mehr hat, sich die Lügen und Betrügereien anhören zu müssen, mit denen Politiker das einfache Volk für dumm verkaufen wollen. Ein Stoßgebet gen Himmel schickt der Mann aus Tennessee im Song “Earth To God“ und bittet um Beistand damit unsere Welt nicht durch unsere Egoismen zugrunde gerichtet wird. In “Something For Nothing“ geht es um die Menschen, die immer nur von anderen nehmen ohne eine Gegenleistung. Der Schlusstitel passt gerade in die Adventszeit. “Santa’s Got A Dirty Job“, mit der Hilfe der Oak Ridge Boys, stellt klar, dass außer dem Weihnachtsmann niemand diese Arbeit machen würde, wo man sich von den Hufen der Rentiere den Dreck ins Gesicht schleudern lassen muss oder durch verrußte Kamine rutschen muss, um die Geschenke zu verteilen. Ein lustiger Aspekt mit einem ernsten Hintergrund. Mit “The Country Truth“ ist John Rich ein bemerkenswertes Album gelungen, das allemal Wert ist gehört zu werden.
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Restless Road – Last Rodeo
(VÖ: 20.10.2023)
Drei Musiker aus der Kaderschmiede der Country Music in Nashville hauen mit ihrem ersten Studioalbum gleich einmal so richtig auf den Putz. Mit 18 Tracks ist das Album “Last Rodeo“ sehr üppig ausgefallen. Mit “Last Rodeo“ und “Head Over Heals“ geht es im Mainstream Country Rock los. Mit “Growing Old With You“ erzählen Zack Beeken, Colton Pack und Garrett Nichols mit abwechselndem Leadgesang ein Liebeslied mit dem Wunsch mit dieser Partnerin bis zum Alter zusammen sein zu wollen. “Go Get Her“ gibt den Ratschlag, auch wenn man eine Beziehung gefährdet hat, nicht gleich aufzugeben, sondern um die Liebe zu kämpfen. Immer wechseln die Songs von geschmeidigem Pop Country zu Balladen und rockigen Arrangements. Da sich die Leadstimmen ebenfalls abwechseln, bekommt das Album eine angenehme Kurzweiligkeit. Da scheint sich bei den Bandmitgliedern eine Menge Material für Songs angestaut zu haben. So kam eine Stunde Unterhaltung zustande, die niemals Langeweile aufkommen lässt und die zudem in den Texten einige bemerkenswerte Gedanken präsentiert. Das Album “Last Rodeo“ von Restless Road vereint beides, moderne Unterhaltungsmusik im Country Music Gewand und schöne Country Balladen, die sich um die Liebe und Irrungen und Verfehlungen in Beziehungen drehen. Durchaus ein Hör Tipp.
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Jaime Wyatt – Feel Good
(VÖ: 03.11.2023)
Absolut beeindruckend ist die Performance von Jaime Wyatt auf ihrem dritten Album “Feel Good“. 2017 hatte die Frau von der Westküste der Vereinigten Staaten mit “Felony Blues“ ihr Debüt. 2020 folgte dann das Album “Neon Cross“. Nun also ein neues Werk und auch diesmal beeindruckt Jaime Wyatt mit kompromissloser Interpretation. Diese Musik ist widerspenstig, rebellisch, bluesig und somit absolut Americana. Produzent Adrian Quesada, dessen Betätigung u.a. in Psychedelic Soul zuhause ist, hat diesem Album seinen Stempel aufgedrückt. Mit der allgegenwärtigen Hammond B3 fühlt man sich in die Zeit der Siebziger Jahre versetzt, als sich Psychedelic und Soul zu einem weltumspannenden Sound verbanden. Jaime Wyatt kann diese Stimmung mit ihrer einprägsamen Stimme treffend präsentieren. „Viele von uns wachsen mit dem Gefühl auf, dass wir uns verstecken müssen, um akzeptiert zu werden, aber das kommt aus einem Ort der Angst und der Verurteilung“, erklärt die Künstlerin. „Ich habe diese Stücke geschrieben, um zu zeigen, dass ich mich nicht verstecken muss.“ Und getreu dem Album Titel, fühlt sie sich gut dabei. Jaime Wyatt gilt als eine besonders talentierte Geschichtenerzählerin. Mit 11 Tracks und einer Dreiviertelstunde Spieldauer haben die Konsumenten jede Menge Stoff zum Zuhören. Hier und da kommt ein wenig Funky Sound in die Songs. Freunde traditioneller Country Music sind hier einmal eingeladen, dem Musikverständnis einer unbeugsamen Künstlerin zu folgen, die Qualität vor Massenproduktion stellt.
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Jim Lauderdale And The Po‘ Ramblin‘ Boys – The Long And Lonesome Letting Go
(VÖ: 15.09.2023)
Bereits letztes Jahr hat Jim Lauderdale anlässlich der Veröffentlichung des Albums “Never Slow Down“ der Bluegrass Formation The Po‘ Ramblin‘ Boys von der jungen Band geschwärmt. Nun hat er mit den vier Jungs und der Dame an der Fiddle (…Boys…?) das Album “The Long And Lonesome Letting Go“ aufgenommen. Seit über 30 Jahren hat Jim Lauderdale, der Musiker aus Statesville, North Carolina, seine musikalischen Fußabdrücke in der Country Music hinterlassen. Was hat der Mann nicht schon alles eingespielt? Ob als Solo Künstler oder in Kollaboration. Auf dem aktuellen Album kann jede/r Country Music Fan mit Genuss zuhören. Da gibt es die munteren Melodien wie beim Titel Song “Long And Lonesome Letting Go“ oder bei “If I Could Only Get My Heart To See“ oder beim “Rausschmeisser“ “Drop The Hammer Down“. Aber auch ruhigere Titel können überzeugen. Der langsame Walzer “Ghost Of A Rose“ etwa oder bei dem über vier Minuten währenden “I’m Only So Good At Being Good“. Immer wenn Jim Lauderdale für ein Musikprodukt verantwortlich zeichnet, sind diejenigen Fans angesprochen, die mit dem flüchtigen Mainstream Einerlei nicht viel anfangen können. “The Long And Lonesome Letting Go“ ist feine Unterhaltung und lädt zum entspannten Zuhören ein.
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East Nash Grass – Last Chance To Win
(VÖ: 18.08.2023)
Der Name der Formation verrät ja schon um welche Musik es sich hier handelt. Bluegrass. Und zwar aus der Gegend östlich von Nashville. Damit näher an den Appalachen. Das zweite Album hält, was es verspricht. Fünf junge Musiker und eine ebenfalls junge Musikerin bilden die Gruppe East Nash Grass. Alle sind hervorragende Musiker, die ihre Instrumente virtuos beherrschen. 11 Tracks umfasst das Album “Last Chance To Win“ und präsentiert einerseits traditionelle Bluegrass Music, die aber in sehr modernen Arrangements aufgearbeitet ist. So völlig vom Staub, den man gern bei Bluegrass vermutet, befreit, ist diese Musik einfach eine tolle Unterhaltung. Mit dem Titeltrack “Last Chance To Win“ geht es los. Spätestens beim Instrumental “Jenna McGaugh“ ist man von der Instrumentenbeherrschung total eingenommen. “How Could I Love Her So Much“ ist ein gefühlvoll eingesungenes und wunderbar instrumental begleitetes Liebeslied. Mit “Love Slippin‘ Away“ haben sich East Nash Grass dem alten Bill Anderson Titel angenommen und ihn in das Bluegrass Genre übersetzt. Und noch weiter zurück in der Zeit geht es beim Schluss Titel “Railroadin‘ & Gamblin‘“. Den hatte einst der legendäre Uncle Dave Macon Ende der 1930er Jahre aufgenommen. In der Fassung von East Nash Grass bekommt dieser Oldie einen neuen, modernen Anstrich und kann einfach nur begeistern. Ein klasse Album, vor allem für Bluegrass Fans ein Must Have.
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ERNEST – Ernest And The Fellas Unplugged
(VÖ: 29.09.2023)
Ernest Keith Smith oder einfach nur ERNEST präsentiert mit dem Album “ERNEST And The Fellas Unplugged“ 10 moderne, traditionell gegründete Titel. Bis auf einen Song stammen alle aus der Feder von ERNEST. Die Tracks stammen aus seinen Circle Sessions bzw. Salvage Sessions. Nach dem Opener “This Fire“ und “Wild Wild West“ erklingt mit “What Have I Got To Lose“ eine wunderbar zurückgenommene Ballade. Immer wieder darf eine Steel Guitar den Leading Part übernehmen und hüllt die Songs in einen feinen musikalischen Kokon. Wie bei “Comfortable When I’m Crazy“. Die Idee das Album in Unplugged Manier aufzunehmen ist erfolgreich aufgegangen. So bekommen die Titel eine besondere Authentizität. Diese halbe Stunde der Musik von ERNEST und seinen Fellas zu lauschen ist absolut gut investierte Zeit.
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Bill Edwards – So Far
(VÖ: 20.10.2023)
Bill Edwards startete seine Karriere bereits in den 1970er Jahren. Er ist eher als Songschreiber in der Szene bekannt. Sein achtes Album “So Far“ klingt deshalb auch nach den guten alten Zeiten der Country Music. Edwards Musik führte ihn von Bluegrass über Singer/Songwriter Music und Country bis zu Americana. 14 Tracks hat das Album “So Far“ zu bieten, dessen Titelsong erst am Schluss ertönt. Eine Ballade nach altem Strickmuster. Mehr erzählt als gesungen. Okay, Bill Edwards Stimme mag nicht jeden Konsumenten erreichen und ist sicher im Laufe der Jahre nicht mehr so stabil. Die Balladen wie auch “Too Much Sayin‘ Goodbye“ oder “No Time Like The Past“ erinnern tatsächlich an längst vergangene Zeiten. Das Album “So Far“ ist sicher eine Ergänzung einer umfangreichen Country Music Sammlung. Eine Offenbarung ist es allerdings nicht.
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Brent Cobb – Southern Star
(VÖ: 22.09.2023)
Ein total spannender Interpret ist Brent Cobb. Er ist der Cousin von Dave Cobb, der als Produzent eine feste Größe in Nashville ist und so illustre Stars wie Chris Stapleton, Brandi Carlile, John Prine, Sturgill Simpson, Jason Isbell, The Highwomen unter anderen produziert hat. Brent Cobb präsentiert mit dem neuen Album “Southern Star“ eine Mischung von Americana, Songwriter Balladen, feiner Country Music und mit leisem Funky Sound garnierte Country Music. Das ist überraschend und sorgt für gute Laune. Seinem Titel “When Country Comes Back In Town“ hat Brent Cobb mit über fünf Minuten die größte Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen. Die geradeaus gehende Ballade beschwört die Selbstheilungskräfte der Country Music, die sich zwar immer neu erfindet und dem Zeitgeist unterworfen ist. Aber immer aus dem Herzen der Künstler kommt, die nicht vergessen, wo die Ursprünge ihrer Musik liegen. Mit zehn Tracks hat es Brent Cobb geschafft einen spannenden musikalischen Bogen zu spannen. Seine Musik hat nichts mit dem Einheitsgedudel der Mainstream Produktionen zu tun, die Radio Play um jeden Preis erzielen wollen. Hier lohnt sich wirklich das Zuhören. “Southern Star“ ist das sechste Album von Brent Cobb und hoffentlich folgen da noch einige. Unbedingt einmal reinhören.
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Charley Crockett – Live From The Ryman
(VÖ: 29.09.2023)
Livealben sind immer eine Herausforderung. Manchmal sind die Crowd Geräusche störend, manchmal lässt die Aufnahmetechnik zu wünschen übrig. Manchmal ist das völlig einerlei, weil die Musik mitreißend ist und man sich insgeheim wünscht, man wäre dabei gewesen. Das Album von Charley Crockett, “Live From The Ryman“, macht vom ersten Take an unheimlich Spaß. Der Opener “Cowboy Candy“ wird mit einem Intro von einer Trompete wie ein Western Movie angekündigt. Da sind gleich einmal alle Hörnerven auf “Hab Acht“. “Just Like Honey“ in einem herrlichen Retro Arrangement und mit Top Musikern eingespielt, auch den Technikern sei da einmal gedankt, mit der eindringlichen Stimme von Charley Crockett, lässt niemanden mehr ruhig bleiben. Nach zwölf Studio Alben hat der Mann aus San Benito, Texas, mit diesem Live Album einen richtigen Knaller am Start. Nicht nur, dass mit 23 Tracks der musikalische Tisch reich gedeckt ist, es gibt ein Wiederhören mit seinen Songs aus dem letzten Album “The Man From Waco“ aus dem vergangenen Jahr und aus dessen Vorgängeralben. Da geht es um richtige Country Music, die einfach nur Laune macht. Charley Crockett hat eine Art von lässiger Kompetenz als Performer, die die geneigten Zuhörer einfach in seinen Bann zieht. Ob bei “The Man From Waco“ der Western Mythos aufleben lässt, ob er bei “The Valley“ erzählt, dass er aus demselben Kaff kommt wie Freddy Fender, ob bei “Don’t Tell Me That“ der Honky Tonk zum Mittanzen auffordert oder bei “I’m Just A Clown“ ein R&B mit mexikanischen Bläsersätzen garniert, erklingt, diese 23 Titel mit einer Spieldauer von 75 Minuten bieten jede Menge guter musikalischer Unterhaltung. Wer das nicht am Stück aushält, kann das mit dem Zufallsmodus im Abspielordner verteilen. Es lohnt sich allemal.
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Old Crow Medicine Show – Jubilee
(VÖ: 08.09.2023)
Bei Wikipedia ist zu lesen, dass die Formation Old Crow Medicine Show eine American String Band mit Stützpunkt in Nashville, Tennessee sei. Dabei sind die zurzeit sieben Musiker viel mehr als die Beschreibung vermuten lässt. Die Musik von Old Crow Medicine Show pendelt zwischen Folk, Country, Bluegrass und Americana, Old-Time und Alternative Country. So ist jedes Album eine Wundertüte. Auch mit dem neuen Werk “Jubilee“ haben Old Crow Medicine Show jede Menge Wendungen in ihren Arrangements zu bieten. Mit einem Irish Sound geprägten Titel geht es los und “Jubilee Jones“ wird besungen und gab ihrem zehnten Album wohl seinen Namen. Mit der Ballade “Miles Away“ wird der eigenen Vergangenheit gedacht und den schönen Erlebnissen nachgetrauert. Mit einer eher düsteren Beschreibung einer Stadt, der man lieber den Rücken kehren möchte, geht es in “Allegheny Lullabye“ im Americana Style weiter. Mit einem munteren Tempo und einer Verbindung von Old-Time Musik und Bluegrass erklingt ein Liebeslied, “Smokey Mountain Girl“. Wer es etwas flotter mag, wird bei “Belle Meade Cockfight“ von Old Crow Medicine Show & Sierra Farell bestens bedient. Okay das ist etwas gewöhnungsbedürftig. So oder so ähnlich mag es seinerzeit bei den Barn Dances geklungen haben. Mit “Daughter Of The Highlands“ haben Old Crow Medicine Show einen ganz feinen Folk Song auf ihr Album “Jubilee“ gepackt. „Es ist so schwer, in dieser Welt noch einen Ort zu finden, an dem man sich frei fühlen kann. Aber ich habe meinen in “Nameless“, Tennessee, gefunden.“ So sind auch die Texte von Old Crow Medicine Show immer wieder wert, einmal genauer hinzuhören. Das Album “Jubilee“ bietet nicht nur fein ausgearbeitete Texte. Der Stilmix garantiert gute, ja beste Unterhaltung. Man muss nur bereit sein, Radio Einerlei einmal beiseite zu lassen.
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Steep Canyon Rangers – Morning Shift
(VÖ: 08.09.2023)
Seit vielen Jahren gehört die Formation Steep Canyon Rangers zu der Creme de la Creme der Bluegrass Music. Beeindruckend immer wieder ihre Instrumenten Beherrschung. Auch auf ihrem neuen Album gibt es begeisternde Bluegrass Music aber auch einfühlsame Balladen, immer in ganz feinen Arrangements präsentiert. Hier steht stets die Qualität im Vordergrund. Sind auch die Texte oft metaphorisch, da soll etwas transportiert werden. In erster Linie Gefühle. Von wunderschöner Musik eingefasst, sind die 12 Titel absolut hörenswert. Doch, Chart Mucke Fans aufgepasst, hier seid ihr falsch. Auf diese Musik muss man sich einlassen können. Dann aber wird es zu einer Dreiviertelstunde bester musikalischer Unterhaltung.
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The Steeldrivers – Tougher Than Nails
(VÖ: 08.09.2023)
Hartnäckig behauptet sich die Formation The Steeldrivers mit ihrer Art von Bluegrass und Gospel in der Music City Nashville, aus deren Studios doch mehr und mehr Mainstream, Rock und Pop zu kommen scheint. Die Alben der Band lassen sich an einer Hand abzählen. Seit 2008, damals noch mit Lead Sänger Chris Stapleton wurden fünf Longplayer aufgenommen. Das letzte Album stammt aus 2020 und heißt “Bad For You“. Keines dieser Alben war in den US Grass Charts schlechter als Nummer Zwei gelistet. Nun also das sechste Album “Tougher Than Nails“. Mit 11 Gospel Tracks huldigen The Steeldrivers ihrem Erlöser Jesus Christus. Im Titelsong heißt es:“ Seine Liebe war stärker und härter als Nägel.“ Einen Titel von Jimmy Dean “Just A Little Talk With Jesus“ haben die Steeldrivers in starker Interpretation neu aufgenommen. Ob das allseits bekannte “Farther Along“ oder “Magdalene“, die Ballade “30 Silver Pieces“, das eher muntere “At The River“ oder der Schlusstitel “Amazing Grace“, stets spürt man den tiefen Glauben den die Band sowohl in Text als auch in ihren Instrumenten Einsätzen nach außen trägt. Obwohl die Steeldrivers als Bluegrass Band auch die lockeren Klänge beherrschen, haben sie auf dem Album “Tougher Than Nails“ an Leben und Sterben von Jesus Christus erinnert und mit feiner Instrumentierung für eine gute halbe Stunde besinnlicher Unterhaltung gesorgt. Gut, dass solche Musik sich auch heute noch trefflich präsentieren lässt.
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Tim McGraw – Standing Room Only
(VÖ: 25.08.2023)
„Halt an denen fest, die einen Platz in deinem Herzen haben und halt dich an die Momente, die dir Gänsehaut beschert haben.“ Mit diesen Lyrics im Opener “Hold On To It“ beginnt das 17. Album “Standing Room Only“ von Tim McGraw. Mit dem von Pop Aphorismen verklärten Titelsong “Standing Room Only“ setzt Tim McGraw seine Art Country Music fort, die zwar immer präsent ist aber gern durch Pop Music verdrängt zu werden droht. Mal spielt er mit Lebensweisheiten, mal sind die Texte völlig bedeutungslos. Dafür treffen er und seine Produzenten musikalisch fast immer ins Schwarze. Dann hat Tim McGraw mit “Hey Whiskey“, einer intimen Ansprache an den verdammten Alkohol, eine intensive Ballade zu erzählen, die wegen all der schlimmen Dinge, die der Whiskey ihn hat tun lassen, in der Frage mündet: „Hey, Whiskey, was habe ich dir jemals angetan?“ In “Fool Me Again“ wünscht sich Tim McGraw, dass der Whiskey, die Keith Whitley Songs und seine Gewohnheiten ihn in die Lage versetzen, über die Trennung von “Ihr“ hinwegzukommen. Dem Titel Track “Small Town King“ ist mit über vier Minuten offensichtlich viel zu viel Raum eingeräumt worden. Aus dem Tim McGraw Country Pop Gemisch sticht noch der Titel “Nashville CA/ L.A. Tennessee“ (mit Kollegin Lori McKenna) heraus, der genau diesen Versuch Country und Pop zu verbinden in dieser geografischen Verdrehung thematisiert. Mit 13 Tracks ist das Album “Standing Room Only“ optimal gestaltet und bedient gleichermaßen Fans von Pop Country, Country Music mit modernem Anstrich wie Fans von bedeutungsschwangeren Lyrics, die manchmal wie die weiße Taube am azurblauen Firmament verschwinden. Mit „Standing Room Only“ bleibt Tim McGraw seiner Linie treu, die ihm noch bis 2020 immer einen Platz unter den Top Drei der Alben Charts einbrachte. Diesmal scheint die Rechnung nicht ganz aufgegangen zu sein.
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Willie Nelson – Bluegrass
(VÖ: 15.09.2023)
Willie Nelson und Bluegrass? Kann das funktionieren? Der Ausnahmemusiker, der nun als 90-jähriger Artist beinahe 70 Jahre im Music Business tätig ist, war doch immer sehr mit echter Country Music, mit Blues und auch mit Jazz Klängen in Verbindung zu bringen. Doch scheint er immer noch so viel Energie und Freude an der Musik zu haben, dass das Album “Bluegrass“ seinen Ausflug in das Genre welches einst Bill Monroe etablierte, mit 12 Tracks dokumentiert. Willie Nelson hat dafür eigenes Songmaterial hergenommen und mit den Besten der Besten des Genres wie Barry Bales, Ron Block, Rob Ickes, Dan Tyminski und als kleiner “Bluegrass Abweichler“ Mundharmonika Spieler Mickey Raphael diese Titel in feinste Instrumentierungen eingehüllt. Darüber legt der Altmeister Nelson seine unverkennbare Stimme mit seiner Phrasierung, die gern mal vor oder nach dem Takt einsetzt. Jazzig halt, auch im Bluegrass. “Somebody Pick Up My Pieces“ ist ein Beispiel dafür, wie Willie Nelson seine Songs in ein anderes Genre verwandeln kann. Kein bisschen müde klingt der Mann und man darf einfach nur staunen und hören. “Good Hearted Woman“ lechzt geradezu nach einer Bluegrass Adaption. Mit einigen Tracks beweist Willie Nelson, dass Blues, Jazz, Country und Bluegrass durchaus einer einzigen Quelle entspringen. Manchmal scheinen die Bluegrass Arrangements ein wenig aufgesetzt und man vermisst Trigger, die alte kaputte Gitarre, die Willie seit vielen Jahrzehnten begleitet. “Still Is Still Moving To Me“ verbindet erstklassige Instrumentenbeherrschung seiner Kollegen mit einem mitreißenden Rhythmus, dem Willie Nelson mühelos seine Stimme beinahe experimentell aufsetzen kann. Für Willie Nelson Fans ist dieses Album ein absolutes Must Have. Bluegrass Fans werden hier interessiert sein.
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Dustin Lynch – Killed The Cowboy
(VÖ: 29.09.2023)
Das sechste Studioalbum von Dustin Lynch ist zugleich sein persönlichstes, so lässt der Mann aus Tullahoma, Tennessee, verlauten. Worum geht es? Ganz simpel um die Frage nach dem eigenen Leben. Ist man bisher auf dem richtigen Weg gewesen? Wird man in Zukunft einen Weg finden, der das Leben reicher macht? So ist der Albumtitel und der erste Track “Killed The Cowboy“ auch zu verstehen. Wer, wenn nicht eine Frau, könnte es fertigbringen einen rastlosen Cowboy einzufangen? In seinem Album „Killed The Cowboy“ wird das Honky Tonk Leben ungeschminkt beschrieben. Die flüchtigen Bekanntschaften, obwohl man eigentlich eine Partnerin für immer sucht. Mit Kollege Jerry Roll, dem gewichtigen Rapper, wird das Genre Honky Tonk wieder hergenommen und Brooks&Dunn Musik als Bezug zur Country Music der Vergangenheit benannt. Ist das denn wirklich schon so weit zurück? Bei “If I Stop Drinkin‘“ erklingt die Stimme von Dustin Lynch zunächst tatsächlich wie nach einer durchzechten Nacht. Doch die Sauferei hat die Beziehung wohl endgültig zerstört. Im Titel “Only Girl In Town“ schmachtet Dustin Lynch einmal wieder eine Frau an. Diese Ballade ist ein weniger dezenter arrangiert als die meisten der 12 Tracks auf dem Album “Killed The Cowboy“. Damit ist das Genre auch klar, die Musik von Dustin Lynch ist moderne, rockige, kraftvolle und maskuline Musik. Da wird so einiges im Radio sehr gut platziert werden können. Je weiter man in die Musik des Albums eintaucht, desto einförmiger ist der Eindruck. Weder die Arrangements wechseln, noch die Stimmung in den Titeln. Bleibt also stets auf die Texte zu achten. “Killed The Cowboy“ ist ein zeitgemäß, beinahe überproduziertes Album, welches sich klar an die Fans moderner Country Music richtet. Die angekündigten Lebensweisheiten sucht man aber nur mühsam heraus.
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49 Winchester – Fortune Favors The Bold
(VÖ: 13.05.2023)
Im Rolling Stone Magazine wird die Band 49 Winchester als die zurzeit angesagteste Band aller angesagten Bands herausgestellt. Frontmann Isaac Gibson lässt verlauten, dass die sechs Musiker aus Virginia nun erwachsener geworden sind und ihr Musikstil sich verändert hat. Von einst sanfteren Klängen zu einem kantigeren und raueren Sound. Gleichzeitig sieht er die Musik auf ihrem vierten Studioalbum “Fortune Favors The Bold“ (2014 “49 Winchester“, 2018 “The Wind“ und 2020 “III“) eher von einer Rockband gestaltet als von einer Country Band. Wohl wissend, dass die Grenzen zwischen diesen Genres immer mehr zu verschwimmen scheinen. Bislang ist das Motto “Fortune Favors The Bold“, welches sowohl Albumtitel als auch Titel eines Tracks des Albums ist, eingetroffen. Das Glück hilft den Mutigen. 49 Winchester gehen im Herbst auf große Tour als Opener für Luke Combs und bespielen damit einige der größten Bühnen. Zehn Titel umfasst das neue Werk von Isaac Gibson, Bassist Chase Chafin, Gitarrist Bus Shelton und Noah Patrick an der Pedal Steel, Tim Hall an allen Tasteninstrumenten und Justin Louthian an den Drums. „Mit ihrem neuesten Album „Fortune Favors The Bold“ ist die Band 49 Winchester aus Russell County, Virginia, bereit, mit ihrer einzigartigen Mischung aus bierernstem Alt-Country, klebrigem Rock’n’Roll und hochoktanigem Appalachen-Folk auf der nationalen Bühne Fuß zu fassen.“ So kann man es in der Biografie (die Band leistet sich den Luxus einer Homepage, sehr zur Freude der Fans) gleich in den ersten Zeilen lesen. Okay, trommeln gehört bekanntlich zum Handwerk. Drücken wir die Daumen, dass der raue und kantige Sound von 49 Winchester immer einen Bezug zu Country Music behält. Mit den zehn Titeln des Albums “Fortune Favors The Bold“ können Fans von rockiger Country Music auf jeden Fall sehr zufrieden sein.
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A Tribute To The Judds – Various Artists
(VÖ: 27.10.2023)
Ein Tribute Album ist immer eine riskante Angelegenheit. Entweder wird man den zu ehrenden und meist nicht mehr aktiven Künstlern oder Künstlerinnen nicht gerecht oder man drückt zu sehr auf die Emotionen und gießt zu viel Lobhudelei aus. Wie also soll ein Tribute Album für das erfolgreichste Damen Duo nicht nur der 1980er und 1990er Jahre gelingen? Um die Judds gebührend zu ehren haben sich zum Album “A Tribute To The Judds“ jede Menge Künstlerinnen und einige Künstler der Country Music ein Stelldichein gegeben. Die Liste der Mitwirkenden liest sich wie ein Who Is Who der Country Music. Opener ist “Girls Night Out“ und wird von Reba McEntire, Jennifer Nettles, Carly Pearce und Gabby Barrett gleich einmal mit geballter Frauenpower vorgetragen. Bei “Grandpa (Tell Me Bout The Good Ole Days)“ darf Cody Johnson den Führungspart übernehmen. Ella Langley und Jamey Johnson machen aus dem Titel “Young Love (Strong Love)“ ein besonderes Hörvergnügen. “Love Is Alive“ dürfen Gwen Stefani und Partner Blake Shelton interpretieren. Soul Diva Wendy Moten intoniert “Had A Dream (For The Heart)“ und für den Moment hat Country Pause, zugunsten feiner Soul Music. Ganz sicher ein Highlight unter den anderen Highlights ist “John Deere Tractor“. Hier wird Trey Hensley von Molly Tuttle sowohl instrumental als auch gesanglich unterstützt und Ausnahme Dobro Player Rob Ickes fügt herrliche Klänge hinzu. Lange hat man warten müssen, bevor mit dem vorletzten Song Wynonna Judd ihrer, vergangenes Jahr verstorbenen, Mama die Ehre erweist. Mit Super Voice Trisha Yearwood lassen es die beiden mit “Cry Myself To Sleep“ mal richtig bluesig werden. Der urgewaltige Rapper und Singer/Songwriter Jelly Roll beginnt den letzten Titel “Love Can Build A Bridge“ mit außergewöhnlicher Intensität. Dann übernimmt die R&B Sängerin K.Michelle und steigert die Emotionen in verblüffende Höhe. Den Harmonie Hintergrund haben The Fisk Jubilee Singers dabei im Griff. Dieses Album ist ein Fest für die Ohren und dank Produzent Brent Maher ein Tribute Album der Sonderklasse.
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Alana Springsteen – Twenty Something
(VÖ: 24.03.2023)
Alle Taylor Swift Fans, Verzeihung alle Swifties, aufgepasst.
Da möchte eine junge Dame aus Virginia wie das große Mega Star Vorbild durchstarten. Mit gleich 18 Titeln, die ziemlich gleichförmig in Pop Arrangements gefasst sind, hat Alana Springsteen ihr Debüt Album gefüllt. Irgendetwas besonders Bemerkenswertes? Nein. Pop Country aus der Einheitsschmiede Nashville.
Wer diese Stunde Musik mit Begeisterung durchhält, ist ein Hardcore Fan von Pop Country.
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Alex Miller – Country
(VÖ: 06.10.2023)
Neues von Alex Miller, der Mann aus Kentucky mit dem “ewige Jugend Gesicht“ hat mit der EP “Country“ wieder auf sich aufmerksam gemacht.
Leider nur 5 Tracks von denen drei aus eigener Feder stammen, lassen keinen Zweifel am großen Potenzial des Interpreten mit der eindrucksvollen Stimme. Ob bei den eher rockigen ersten beiden Tracks oder bei der feinen Ballade “Every Time I Reach For You“, („I Grabbed The Bottle“) einem absoluten Drinking Song oder dem Swing Titel “Gettin‘ Lucky In Kentucky“ á la Bob Wills, Alex Miller macht Lust auf mehr von seinem Können. So ist diese EP “Country“ nur ein Appetizer. Also, Augen und Ohren offenhalten.
Da kommt bestimmt bald noch mehr. Hoffentlich.
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Coffey Anderson – Tailgates & Heartbreakes
(VÖ; 01.09.2023)
Coffey Anderson hat von seinen Eltern, die “Mixed“ und African American sind, seine besondere Sicht auf seine Country Music in die Gene gelegt bekommen. So kann der aus Bangs, Texas, stammende farbige Sänger sowohl echte Country Music in modernem Texas Style als auch Country Rap interpretieren. Ursprünglich machte Coffey Anderson, der 2008 in der Talentshow Nashville Star in Erscheinung trat, mit christlichen Songs auf sich aufmerksam. Nach einigen Alben im Eigenverlag gibt es nun mit dem Album “Tailgates & Heartbreakes“ ein mit 14 Tracks üppig ausgefallenes neues Werk von ihm. Überwiegend sind die Titel in modernen Arrangements gefasst, die sowohl Radio Play garantieren können, als auch durchaus Musik zum Zuhören sind. Wenn es im Titel “Then There’s Me“ etwa heißt: „Wo es Rauch gibt, ist auch Feuer, wo es einen Feldweg gibt, gibt es auch Reifen, wo es Politik gibt, gibt es Lügen, wo, es erste Liebe gibt, gibt es Rücksitze, wo es Honky Tonks gibt, gibt es Country und wo es Bier gibt, findet man mich.“ Eine schöne Laid Back Liebesballade ist “If You Happen To See Her“ und die Heimatliebe drückt Coffey Anderson beinahe ohne Schmalz in “Where I Come From“ aus. Seine Stimme lässt die geneigten Hörer dranbleiben und das Album “Tailgates & Heartbrakes“ ist zwar streckenweise sehr auf Radio Play schielend aber dennoch absolut hörenswert. Ein wenig anders halt.
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Craig Campbell – The Lost Files: Exhibit B
(VÖ: 25.08.2023)
Im Februar war die Frage, ob es eine Fortsetzung des Albums “The Lost Files: Exhibit A“ geben wird. Jetzt ist die Antwort mit “The Lost Files: Exhibit B“ da. Ob es sich wieder um die Rettung der eigenen Musik vor vertraglichen Verpflichtungen handelt oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle. Craig Campbell hat mit den 17 Tracks des neuen Albums wieder jede Menge ausnehmend guter Musik zu bieten. Okay, der Schlusstitel “It’s About Time“ mutet schon ein wenig zu experimentell an. Aber Balladen wie “You“, eine Anbetung an die Geliebte und gleichzeitig ein Dank an den Schöpfer, der “Sie“ wohl für “Ihn“ geschaffen hat oder “ Humans Being Human“, eine entlarvende Beschreibung menschlichen Verhaltens, sind zweifelsohne textliche Highlights. Auch diesmal ist die Fülle an Titeln eine Fortsetzung der “A“ Version der “Lost Files“ und kein Angriff auf die Charts. Aber das Album “The Lost Files: Exhibit B“ von Craig Campbell kann man jederzeit in der Playlist schätzen.
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Erin Viancourt – Won’t Die This Way
(VÖ: 21.07.2023)
Manchmal macht man einfach zu viele Worte um ein Album zu beschreiben. Das Debütalbum “Won’t Die This Way“ von Erin Viancourt, die als erste Interpretin beim Label von Cody Jinks unter Vertrag genommen wurde, ist so herrlich Retro produziert und so intensiv durch die starke Präsenz von Erin Viancourt, dass es nur eine Empfehlung geben kann, sich dieses Album einmal in Ruhe anzuhören. Spätestens bei “Mountain Boy“ muss man es mögen. Zuvor schon hat der Titel “Pray“, eine zurückgenommene Ballade, zu überzeugen gewusst. Bei “Some Things Never Get Old“ ist der Titel Programm und ist für Fans von guter alter Country Music wie “Deckelchen auf Töpfchen“. Wie wäre es verwunderlich, dass Erin Viancourt dem Titel “Old Time Melody“ mit über vier Minuten die längste Spieldauer eingeräumt hat. Mit den 13 Tracks des Albums “Won’t Die This Way“ hat Erin Viancourt mit ihrer unverwechselbaren Stimme nicht nur ihre Klasse unter Beweis gestellt. Sie hat für eine Dreiviertelstunde feinster Country Music Unterhaltung gesorgt. Absolut empfehlungswert.
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Vince Gill & Paul Franklin – Sweet Memories
(VÖ: 04.08.2023)
Wenn sich ein Spitzenkönner an der Gitarre wie Vince Gill und ein Ausnahmespieler an der Pedal Steel wie Paul Franklin zusammentun, kann nur ein Spitzenprodukt herauskommen. So bieten die 11 Tracks auf dem Album “Sweet Memories“ dieser Virtuosen jede Menge Musikalität und feinste Instrumentierung. Aber Achtung, wie der Untertitel “The Music Of Ray Price & The Cherokee Cowboys“ klarstellt, geht es hier um längst vergessen geglaubte Songs. Ray Price übernahm nach dem Tod seines Kollegen Hank Williams dessen Band The Drifting Cowboys. Er benannte die Band in The Cherokee Coyboys um und hatte mit ihnen in den 1950er und 1960er Jahren die Hälfte seiner langen Karriere absolviert. Die Titel auf dem Album “Sweet Memories“ sind alle von Vince Gill eingesungen. Manchmal entsteht der Eindruck, dass Vince Gill hier und da etwas überfordert war oder zu hoch eingesungen hat. Dafür aber sind die Arrangements herrlich Retro. Mit “One More Time“ eine Nummer Zwei der Charts aus 1960 geht es los. Dem Titel “Danny Boy“ widmeten Gill & Franklin über fünf Minuten und zelebrieren ihn total zurückgenommen und Vince Gill zeigt einmal mehr, dass er auch als Sänger überzeugen kann. Paul Franklin steuert eine Steel Guitar bei, die ein Klangbild erschafft, welches in Abwechslung mit dem genialen Gitarrenspiel von Vince Gill eine unglaubliche Intensität erreicht. Wenn mit “Healing Hands Of Time“ das Album endet, hat man eine Zeitreise erlebt. Solche Musik gibt es heutzutage nicht mehr. Da mögen einige sagen „das ist auch gut so“, andere werden in Erinnerungen schwelgen. Also für alle Fans moderner Chart Music: hier lasst besser die Finger weg.
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Charlotte Morris – Wild Child
(VÖ: 29.09.2023)
Die Singer/Songwriterin Charlotte Morris ist eine beeindruckende Frau. Schon im frühen Kindesalter hat sie Violine und Gitarre erlernt. Später noch Piano, Ukulele, Mandoline und Banjo. Hinzu kommt ein Talent für besonderes Songwriting. Ihre frühen musikalischen Einflüsse stammen aus Folk Music wie etwa von Peter, Paul & Mary, Simon & Garfunkel, Joni Mitchell oder Judy Collins. Mittlerweile von Philadelphia nach Nashville umgesiedelt, nennt sie auch Maren Morris, Kelsea Ballerini, Brandi Carlisle oder The Chicks als Einflussgrößen auf ihrem musikalischen Weg. Nach Singles und EPs gibt es nun mit “Wild Child“ ihr zweites volles Album. Mit zehn Tracks demonstriert Charlotte Morris, die außerdem als Schauspielerin fungiert, ihre Qualität als Songschreiberin. Alle Titel sind aus ihrer Feder und sie ist zudem auch ihre eigene Herausgeberin. Drei Titel sind sowohl als Auskopplungen als auch als Highlights des Albums hervorgehoben. “Good Kind Of Hurt“ ist eine traurige Ballade zwischen deren Textzeilen Schmerz und Bitterkeit einen kleinen Hoffnungsschimmer zunichtemachen und die ein Beziehungsdrama beschreibt. “Tennessee“ ist sowohl eine, im Video schön umgesetzte, Liebeserklärung an den “Volunteer State“ als auch an den Liebsten. In “Your Number One“ kann Charlotte Morris ihre starke Sopran Stimme eindrucksvoll in Szene setzen und transportiert in schwungvoller Melodie die Botschaft an den “Ex“, dass sie nie mehr zu ihm zurückkehren wird nachdem er sie betrogen hat. Nach eigenen Angaben haben die Texte von Charlotte Morris fast immer autobiografische Züge oder spiegeln Selbsterlebnisse wider. Musikalisch taumelt das Album “Wild Child“ zwischen Pop Music, Singer/Songwriter Material, Chanson und Country mit deutlichen Folk Einflüssen. Melancholische, Piano getragene Melodien, in schwindelnde Höhen eingesungener Sopran – Charlotte Morris zwingt die Konsumenten zum aufmerksamen Zuhören. Das ist anspruchsvolle Musik, die sich nicht in Schubladen stecken lässt. Schon gar nicht in die Country Music Schublade.
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Ashley Cooke – Shot In The Dark
(VÖ: 21.07.2023)
Vom Cover ihres Debütalbums schaut ein “American Beauty“ auffordernd und zurückhaltend zugleich. Wenngleich die Sängerin aus Nashville auch noch wenige Jahre als Twen vor sich hat, ist sie eine typische Interpretin, die Tik Tok, Spotify und You Tube Fangemeinden wohl bekannt sein dürfte. Nun hat Ashley Cooke mit “Shot In The Dark“ ihr erstes Album am Start. Mit der bitteren Ballade “Enough To Leave“ singt sie von der, der Liebe geschuldeten Einsicht, ihren Partner besser zu verlassen, um ihn vor was auch immer zu schützen. Dass sie u.a. von Taylor Swift beeinflusst ist, zeigt sich im Titel “Your Place“. Mit einer eindringlichen Warnung an die “Nachfolgerin“ in “Mean Girl“ setzt sich das Thema des Albums fort. Der Titel Song “Shot In The Dark“ unterstreicht die zerrissene Stimmung einer suchenden Frau nach Liebe eindrucksvoll. Was sich alles in einem Jahr verändern kann, von den Freunden und Bekannten daheim bis hin zur gescheiterten Beziehung, beschreibt Ashley Cooke im Titel “It’s Been A Year“. Bemerkenswert ist die Sorgfalt mit der das Album produziert wurde und dass es zunächst mit 24 Tracks angekündigt ist, wovon nun 11 Titel vorliegen. Ashley Cooke kann Country Music interpretieren, sowohl sehr nahe an Pop Music als auch nahe an Singer Songwriter Music. Diese halbe Stunde ist eine feine Unterhaltung.
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John Wright – Flat Out
(VÖ: 04.08.2023)
Dort, wo die Welt “auf dem Kopf“ zu stehen scheint, gab und gibt es jeher schon Country Music. Nicht nur in Australien. New Zealand kann mittlerweile auch mit einigen Künstlern in diesem Genre punkten. Einer dieser Künstler ist zweifelsohne John Wright, der als herausragender Cricket Spieler und Coach der New Zealand Nationalmannschaft vielen Menschen “down under“ als Held gilt. Immer schon hatte er die Gitarre dabei und liebte es seine eigenen Songs zu schreiben. Da ist Folk und Country nahe beieinander. 13 Tracks hat sein Album “Flat Out“ und präsentiert Singer/ Songwriter Material in unaufgeregtem und leicht verdaulichem Arrangement. Der Slang seiner Aussprache ist unverkennbar und seine Gitarrenbegleitung lässt die geneigten Konsumenten in einen, endlich der unbarmherzigen Sonne abgewandten, Abend am Lagerfeuer emotional gleiten. Zugegeben, das ist keine mitreißende Musik, die zum Tanzen verleitet oder für die nächste Party taugt. Dennoch einmal über den Tellerrand der eigenen Präferenzen zu schauen, ist allemal wertvoll. “Flat Out“ ist sicher geeignet, einmal eine Begegnung mit Musikern aus sehr weit entfernten Gegenden zu genießen.
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Julia Cole – Country Sugar
(VÖ: 14.07.2023)
Wer auf Pop Country der reinsten und elektronisch basierten Art steht, der kann beim Album “Country Sugar“ auf seine Kosten kommen. Inhaltlich haben die Texte aber wenig Tiefe zu bieten. Das braucht kein Country Fan. Und dass die ehemalige Sportlerin laut eigener Aussage hofft, dass die Konsumenten „einbezogen, befähigt und verstanden“ sein könnten von ihrer Musik und dass sich diese verrückte Reise in die Musik damit gelohnt habe, scheint eher dem eigenen Wunschdenken entsprungen. 14 Tracks, die sich kaum voneinander unterscheiden, bieten modernen Sound, der allzu oft gern mit Country Music verwechselt wird. Schaut man auf das Cover, wo ein, vom Hut bis zu den Stiefeln, in weißem Dress gestyltes “American Beauty“ abgebildet ist, weiß man ja eigentlich, was der Inhalt des Albums ist. Hier sollten Country Music Fans sehr duldsam sein.
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Burrito Brothers – Together
(VÖ: 09.08.2023)
Totgesagte leben länger. Diese Weisheit scheint auf The Burrito Brothers absolut zutreffend zu sein. Vor vielen Jahrzehnten als The Flying Burrito Brothers von den legendären Musikern Gram Parsons und Chris Hillman 1968 gegründet, hat die Formation viele Höhen und Tiefen erlebt und mit sehr vielen wechselnden Mitgliedern die Zeit überdauert. Mit dem Album “Together“ erinnern die Musiker der Band, die sich nun Burrito Brothers nennt, musikalisch an all die Jahre, in denen sie ihren Sound nicht verändert haben. Das ist immer noch der Folk/Country Rock der Sechziger und Siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Auch der musikalische Anspruch bleibt jenseits der “radionormierten“ Formate und lässt Spieldauern von fünf, sechs, ja sogar über 15 Minuten zu. Psychedelisch, metaphorisch oder einfach in klassischem Gewand gekleidetes Singer/Songwriter Material kennzeichnen das Album “Together“. Wer also einmal in die teilweise abgedriftete Musikwelt der Burrito Brothers, in der Tradition der Flying Burrito Brothers, eintauchen möchte, muss den Schlusstitel des Albums “Together“ der Burrito Brothers verfolgen, der mit über 15 Minuten Spieldauer die Konsumenten auf eine Zeitreise mitnimmt. Absolut ungewöhnlich.
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Lewis Brice – Product Of
(VÖ: 28.07.2023)
Der Country Rocker Lee Brice hat mit “Product Of“ ein neues Album am Start.
Zehn Tracks strotzen nur so von Southern Rock. Sind dann mal einige Titel dabei, die etwas smoother beginnen, hält Lewis Brice die Ruhe nicht lange aus und rockt wieder los. Das führt zu einer gewissen Gleichförmigkeit mit jeder Menge “Production“. Mit “Shadow“, einer hoch eingesungenen Ballade, lässt Lewis Brice sein Album ausklingen, die einmal nicht wieder in Rock abgleitet. Umso verwunderlicher ist dieser Schluss.
Wer auf Country Rock der kompromisslosen Art steht, kann hier zufrieden gestellt werden.
Fans guter alter Country Music müssen sich hier fragen:
„Quo vadis Country?“.
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Lukas Nelson & POTR – Sticks And Stones
(VÖ: 14.07.2023)
Dass Lukas Nelson von Papa Willie jede Menge Talent vererbt bekommen hat, steht außer Frage. Sein Musikverständnis gleicht dem des Vaters und manchmal klingt seine Stimme wie eine Kopie. Dennoch geht Lukas Nelson seinen eigenen musikalischen Weg. Mit der Band Promise Of The Real, mit der er seit etlichen Jahren spielt, hat er seit 2010 einige Alben veröffentlicht. Ein bemerkenswerter Erfolg war der Band und Lukas Nelson bislang nicht vergönnt. Das wird sich auch mit dem neuen Album “Sticks And Stones“ nicht ändern. Zu eigenwillig ist die Musik. Aber die 12 Tracks lassen keine Langeweile aufkommen und klingen hie und da ein wenig wie Slapstick. So bei “Every Time I Drink“ oder “Alcohallelujah“. Für den Titel “More Than Friends“ hat sich Lukas Nelson Kollegin Lainey Wilson als Duett Partnerin ausgesucht. Die beiden verstehen sich, nach augenzwinkernden eigenen Angaben, in der Tradition von Kenny Rogers und Dolly Parton. Na ja. Mit dieser Country Pop Nummer macht die Musik des Albums einen Schlenker, wenn Rock und Honky Tonk da mal eine Lücke lassen. Auch der Swing kommt nicht zu kurz, wie etwa bei “Icarus“. Eine der kürzeren akustisch angelegten Nummern ist “Lying“, welches sehr intensiv interpretiert ist. Ein wenig R&B groovt bei “All Four Winds“ mit bevor mit “The View“ wieder eine Akustik Nummer das Album “Sticks And Stones“ beschließt. So kam Lukas Nelson vom Stöckchen aufs Steinchen und hatte mit der Band POTR jede Menge Spaß dabei einmal zu zeigen, dass sie zu einem musikalischen Rundumschlag fähig sind. Der Genuss liegt hier in der Eigenwilligkeit und Abgrenzung zu allzu glatt geschliffenen Produktionen. An den Ecken und Kanten soll man sich ruhig einmal abarbeiten.
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Miles Miller – Solid Gold
(VÖ: 07.07.2023)
Schon immer hatte er eine Gitarre in der Hand und sang privat in der Familie, bei Schulaufführungen oder in der Kirche. Miles Miller ist aber manchem Fan als Schlagzeuger bekannt. Dieses Instrument studierte der Mann aus Kentucky an der Belmont University. Als der Produzent Dave Cobb ihn mit Sturgill Simpson bekannt machte, wurde Miles Miller dessen Schlagzeuger und ging mit ihm über einige Jahre auf Tour. Nun hat sich Miles Miller von “hinten“ nach vorn ins Rampenlicht gewagt. So viele eigene Songs sind ihm in all den Jahren in den Kopf gekommen, die er nun präsentieren möchte. So entstand sein erstes Album “Solid Gold“. Sturgill Simpson stand ihm als Produzent zur Seite und so entwickelten die beiden ein Album voller sehr aufmerksam arrangierter und produzierter Titel. Mit 12 Tracks ist es abwechslungsreich zwischen Country, Americana und Singer/Songwriter Music angesiedelt. Ein wunderbar ruhiger Titel ist “My Sanity“, der mit Gitarren- und Piano Soli eine feine Stimmung erzeugt und dennoch einen ernsten Hintergrund hat. So ringt Miles Miller um seinen Verstand angesichts der Veränderungen zum Schlechten in der Welt. “Don’t Give Away Love“ dagegen ist ein tanzbarer groovender Song, durchaus zum Abfeiern geeignet. “Where Daniel Stood“ ist eine Heimweh Ballade. Die Titel “Even If“, “Always November“ reihen sich ein in die Phalanx der ruhigen Balladen, so dass bis auf wenige Ausnahmen das Album mehr von Wehmut, Heimweh, in fremden Gegenden sein zu müssen und Verlorenheit erzählt. Vielleicht ein wenig zu viel Melancholie aber auf jeden Fall sehr hörenswerte Musik.
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Old Dominion – Memory Lane
(VÖ: 23.06.2023)
Da ist sie also, die vierte EP der mit Preisen überhäuften Gruppe Old Dominion. Whit Sellers, Trevor Rosen, Matthew Ramsey, Geoff Sprung und Brad Tursi haben sich nach wie vor dem Genre Country Pop verschrieben. Das dokumentiert der Titelsong “Memory Lane“ eindrucksvoll. Shane McAnally war als Produzent für das Album verantwortlich. “Some Horses“ ist eine Metapher für das eigene Leben des Erzählers. So wie einige Pferde nie gezähmt werden können, ist auch dessen Beziehung am Freiheitswillen gescheitert. Mit “Ain’t Got A Worry“ und “Love Drunk And Happy“ ist die Musik zum Feiern vertreten, bevor mit “Easier Said With Rum“ wieder ein “I’m Sorry“ Song in ruhigem Arrangement erklingt. Manches lässt sich halt mit der Unterstützung alkoholischer Getränke leichter aussprechen, erklärt dieser Titel. Mit allerlei Pop Tricks inklusive des “Ooh-woo, ooh-woo“ Chorus gibt es mit “How Good Is That“ und “Freedom Like You“ wieder jede Menge Pop Rock Country auf die Ohren. Die EP “Memory Lane“ von Old Dominion liefert genau das ab, was die Fans der Gruppe erwarten. Moderne Musik, die abwechslungsreich und kurzweilig ist. Mit nur 8 Tracks ist hier dennoch ein fulminantes Hörvergnügen garantiert.
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Pecos And The Rooftops – Pecos And The Rooftops
(VÖ: 23.06.2023)
Pecos Hurley ist Gründer und Namensgeber der Formation Pecos And The Rooftops. Seit 2019 machen die Männer aus Lubbock, Texas, ihre Rock Musik. Mal Alternative/Indie Rock, mal Country Rock oder Traditional Rock, immer geht es fetzig zur Sache. Nach einer EP vom Januar 2023 folgt nun mit dem, nach der Band benannten, Album der erste Long Player. Mit 16 Tracks sehr üppig ausgestattet, strotzen die Titel vor fetten Drums und nervenaufreibenden Gitarrenriffs. Sind dann mal einige wenige ruhige Passagen zu hören, müssen sich die Ohren auch schnell erholen. Dabei sind durchaus sehr hörenswerte Balladen unter den Titeln, die aber oft durch Drums “zugetrommelt“ werden. “This Damn Song“ ist solch ein Beispiel. Da hätte man mal in der Produktion besser aufräumen dürfen. Okay, Rock Fans werden hier mit fast einer Stunde Spieldauer reichlich bedient. Fans eher ruhigerer Country Music müssen hier sehr tolerant sein.
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Dan Tyminski – God Fearing Heathen
(VÖ: 23.06.2023)
Dan Tyminski ist vielen Fans als eine der Stützen der Band Union Station bekannt, die mit Sängerin Alison Krauss so überaus erfolgreich war und ist. Bluegrass ist das Thema, das Dan Tyminski repräsentiert. Aber nicht in den letzten 15 Jahren. Nun also widmet sich der Mann aus Vermont wieder intensiv dem Bluegrass und kann sich auf zahlreiche Spitzenkönner des Genres als Musiker seines Albums “God Fearing Heathen“ verlassen. Schon mit dem Opener “Never Coming Home“ treibt ein knackiges Banjo Intro in den Song, der in feinster Bluegrass Manier von Dan Tyminski angestimmt wird. Gaven Largent hat ein Dobro Spiel der Extraklasse zu bieten, Jason Davis steht dem am Banjo nichts nach. “Hey Brother“, der Erfolgssong von Dan Tyminski aus dem Jahr 2013 hat zudem mit Maddie Denton an der Fiddle eine Instrumentalistin am Start, die mit aufrüttelnden Fiddle Parts jeden Song zu einem Ereignis machen kann. Diesem Titel wurde auch mit über vier Minuten die notwendige Spieldauer eingeräumt. Wenn sich Dan Tyminski selbst als einen “gottesfürchtigen Heiden“ mit dem Album Titel bezeichnet, kann man nur konstatieren, dass der “Heide“ zu den “geheiligten“ Gefilden des Bluegrass zurückgefunden hat. Frische, transparente String Music führt durch die Songs und lassen keine Langeweile aufkommen. Im Gegenteil, da geht es teilweise richtig ab. Selten eine so aufgeräumte und klare Produktion gehört. Die Stimme von Dan Tyminski, die ja auch im Film “O Brother Where Art Thou“ George Clooney beim Titel “Man Of Constant Sorrow“ unterlegt wurde, passt so perfekt in sein Album “God Fearing Heathen“ wie das Deckelchen aufs Töpfchen. Der Mann weiß was er da tut. Und dass es einen Platz gibt, den Jesus für die Sünder freihält. Mit einer Hommage an Jimmy Martin “Ode To Jimmy“ endet eine, für ein Bluegrass Album, wunderbar unterhaltsame halbe Stunde. Oh, Bruder, wie gut, dass Dan Tyminski mit seinem Album “God Fearing Heathen“ den Weg zurückgefunden hat.
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Jake Owen – Loose Cannon
(VÖ: 23.06.2023)
Es ist nicht immer ganz einfach den Songs von Jake Owen zu folgen. Mit fettem Beat unterlegt, sind die Überproduktionen kaum für einen relaxten Country Music Abend geeignet. Unter anderem hat er sich einen besonderen Gag ausgedacht, in welchem er den Hit von Willie Nelson “On The Road Again“ zu seinem “On The Boat Again“ vergewaltigt. Das darf man getrost abhaken. Mit 16 Tracks ist das Album “Loose Cannon“ (nachgeschlagen:) weder ein wandelndes Pulverfass noch eine tickende Zeitbombe, eher eine unberechenbare Größe. Man kann ja nicht verleugnen, dass Jake Owen Country Music kann. Die Art und Weise, mit der er versucht seine Omnipotenz zu dokumentieren, erdrückt bisweilen. So entsteht der Eindruck, alles bereits gehört zu haben. Dabei könnte Jake Owen viel mehr bieten. Vielleicht ist er den für ihn richtigen Produzenten und der richtigen Plattengesellschaft noch nicht begegnet. Auch mit einem “Extended Album“ kann Jake Owen nur bedingt punkten.
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Molly Tuttle & Golden Highway – City Of Gold
(VÖ: 21.07.2023)
Eine Bluegrass Award Nominierung ohne Molly Tuttle ist kaum denkbar. So erfolgreich hat die Banjo Artistin, Gitarristin, Songwriterin und Sängerin sich in der Bluegrass Szene etabliert. Mittlerweile reißen sich begnadete Musiker um mit ihr zu spielen. Nun erschien ihr fünftes Solo Album. Hierin kombiniert Molly Tuttel moderne Interpretationen mit Bluegrass Instrumentierungen. Das schweift manchmal in experimentelle Gefilde ab, so wie bei “Where The Wild Things Go?“. Dann aber fängt sie ihre Fans wieder ein. Zum Beispiel beim Retro Bluegrass Titel “San Joaquin“. Virtuoser Bluegrass vom Feinsten. Die besinnlichen Töne kommen aber auch nicht zu kurz. Bei “When My Race Is Run“ zelebriert Molly Tuttle mit ihren Musikerkollegen einen gefühlvollen Sound, der zum intensiven Zuhören einlädt. “Stranger Things“ ist auch wieder ein Titel, der die Grenze von Bluegrass zu experimenteller Musik auslotet. Das mag einige Zuhörer verstören. Doch schon mit “Down Home Dispensary“ setzt Molly Tuttle einen krassen Gegensatz zum Vorgänger Titel. “More Like A River“ ist dann ein traditioneller Titel, der aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Das Album “City Of Gold“ von Molly Tuttle sorgt für manche Überraschungen für die Konsumenten. Immer wenn man meint, Molly Tuttle zu kennen, sorgt sie für eine musikalische Wendung in ihrem Vortrag. Anspruchsvolle Musik einer talentierten und hochdekorierten Musikerin. Mainstream Fans lassen hier besser aus.
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Chris Janson – The Outlaw Side Of Me
(VÖ: 16.07.2023)
Ob er mit Mundharmonika verblüfft oder als ein über die Bühne fegender Derwisch, Chris Janson ist eine echte Rampens… Seine Auftritte, u.a. in der Grand Ole Opry, sind besondere Ereignisse. Der schlacksige Mann aus Missouri hat Nashville zu seinem Lebens- und Schaffensmittelpunkt erkoren. Die ersten vier Alben seit 2015, bei Warner Nashville erschienen, haben für ihn nicht den erhofften Mega Erfolg generiert. Mit seinem neuen Album “The Outlaw Side Of Me“ versucht Chris Janson mit neuem Label einen Neubeginn. Dass er immer schon ein Outlaw war und ist, bedurfte keines Albums. Dennoch lässt er die ersten drei Tracks des Albums in mächtigem Rock erklingen, bevor er mit “All I Need Is You“ etwas ruhigere Töne anschlägt. Mit “Hank The Hell Out Of The Honky Tonk“ nimmt er eine Anleihe bei Hank Williams Jr. um sein eigenes Outlaw Feeling zu untermauern. Mit “Dirt In My Life“ hat er einen fetten Country Titel zu bieten. “Good Folks Goin‘ To Work“ ist eine feine Ballade, die sich geschmeidig in das Album “The Outlaw Side Of Me“ von Chris Janson einfügt. “Get It Right“ rockt dann wieder mächtig, bevor mit “21 Forever“ ein Herzensprojekt erklingt. „Du kannst nicht immer 21 Jahre alt sein.“ So lautet die Botschaft, die Chris Janson mit Dolly Parton zelebriert, bei welchem sich der Guns N‘ Roses Gitarrist Slash eindrucksvoll einbringen darf. Das von ihm gestaltete Outro ist sowohl ungewöhnlich in der Country Music als auch beeindruckend gespielt. Bevor eine Version des Titels “21 Forever“ diesmal ohne Dolly das Album abschließt, hat Chris Janson eine Liebeserklärung an seinen Sohn mit dem Titel “Days In The Field“ aufgenommen. Aus jeder Zeile quillt reine Vaterliebe und Stolz. Das ist keineswegs eine Outlaw Seite von Chris Janson, sondern einfach nachvollziehbar. Das Album “The Outlaw Side Of Me“ von Chris Janson ist sicher wieder kein Chartstürmer. Aber es zeigt einmal mehr einen sensiblen Musiker, der sich sowohl als harter Hund und als wachsweicher Kerl präsentieren kann.
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Eleven Hundred Springs – Eight The Hard Way
(VÖ: 2011/2023)
Manchmal traut man seinen Ohren nicht. Da erscheint eine vermeintliche Neuerscheinung und bei genauerer Betrachtung ist es ein Re-Release eines bereits erschienenen Werkes. “Eight The Hard Way“ ist so ein Versuch, vergangene Chancen erneut zu präsentieren. Um es gleich zu sagen, die Musik von der Band Eleven Hundred Springs kann auch heutzutage, wo man schon gern mal einen Blick in vergangene Zeiten wagt, nicht wirklich überzeugen. Da alle Gesangsparts von Matts Hillyer ohne Unterstützung gestaltet sind, ist das Album uniform und heute wie damals nicht geeignet die Konsumenten zu Begeisterungstürmen zu verleiten. Netter Versuch, leider daneben.
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Tim Stafford – Guitar Melodies
(VÖ: 15.06.2023)
Wer sich für Bluegrass Music interessiert oder gern mal bei unserem Emigranten Thomm Jutz vorbeischaut, hat ganz sicher einmal den Namen Tim Stafford gehört. Wenn nicht, dann hat man/frau jetzt eine tolle Gelegenheit zu erfahren, welch ein begnadeter Gitarrist Tim Stafford ist. Ganz seinem Ausnahmetalent folgend, hat Tim Stafford sein neues Solo Album “Guitar Melodies“ genannt. Mit 15 Tracks bietet er Fans von ganz feiner Instrumentalkunst jede Menge Material zum Frohlocken. Ob Bluegrass (Margarette Falls“), Folk (“Both Sides Now“) oder einfach gekonnte Gitarren Klänge (“Rhode Island Red“), Tim Stafford zeigt was er kann. Bei “My Guitar Gently Weeps“ lässt er seine Gitarre eine Geschichte erzählen, bei “Down The Edgepath“ lässt er die Zuhörer träumen und bei “Sirocco“ staunen, was man mit sechs Gitarrensaiten alles machen kann. Dem Schlusstitel “Tranquil Tides“ hat Tim Stafford die meiste Spieldauer eingeräumt und wieder scheint es, als wolle seine Gitarre eine Geschichte erzählen. Den Inhalt der Geschichte, untermalt von einem berührend gespielten Cello, kann Jede/Jeder selbst hinzufügen. Das ist ganz ergreifend gute Musik, die einmal ablenkt von den schnellen, treibenden Rhythmen der Mainstream Music und dem stressigen Alltag. Wer sich auf so etwas einlassen kann, wird mit dem Album “Guitar Melodies“ von Tim Stafford reich belohnt.
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Daryl Mosley – A Life Well Lived
(VÖ: 23.07.2023)
Auch mit seinem dritten Solo Album demonstriert Daryl Mosley, welche Qualität in seiner Musik steckt. Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass Daryl Mosley immer Musiker um sich versammelt, die zur Extraklasse, vor allem des Bluegrass, gehören. Hinzu kommen seine Fähigkeiten als Songschreiber, die ihm schon etliche Auszeichnungen bescherten. „Ich versuche, die Zuhörer in die gute alte Zeit zu versetzen, die Vergangenheit und Gegenwart und Eigenschaften wie harte Arbeit, Freundlichkeit, Aufopferung und Liebe einzubeziehen. Ich glaube, dass wir mehr von diesen Dingen in der heutigen Welt benötigen.“ So umschreibt Daryl Mosley den Inhalt seiner 11 Songs auf dem neuen Album “A Life Well Lived“. Das Vorgänger Album “The Secret Of Life“ hatte ja ähnliche Betrachtungen über das Leben zu bieten und es scheint, als hätte Daryl Mosley hierzu noch einige Gedanken beizutragen. Seine musikalische Karriere reicht von der Band New Tradition, die bemerkenswerte Gospel und Bluegrass Music geboten haben über die Mitgliedschaft bei The Osborne Brothers und The Farm Hands bis zu seiner Solo Karriere. Und immer sind herausragende Gospel und Bluegrass Produktionen das Ergebnis. Daryl Mosley gibt sich nicht mit Mainstream Country ab. Gleich mit dem Opener und Titelsong des Albums “A Life Well Lived“ kann man den Großvater hören, wie er dem Enkel den Ratschlag gibt, lieber den “weniger befahrenen Weg“ im Leben zu wählen, lieber auch die andere Wange hinzuhalten und so ein erfülltes und gelungenes Leben zu führen. In “Walking Man“ erinnert Daryl Mosley an Menschen, die für ihre Sache auch gegen Widerstände eintraten, wie etwa Martin Luther King oder Jesus. Er versteht es meisterlich seine Texte mit sanfter Stimme zu präsentieren, so dass das Album einen Laid Back Charakter bekommt. Doch sind die Inhalte der Songs nicht immer nur fröhlich, sondern aus dem tatsächlichen, manchmal auch schwierigen, Leben entnommen. Der Glaube an Gott hinterlässt aber immer eine Hoffnung auf Erlösung. Ob ein meisterlich gespieltes Banjo oder eine virtuos präsentierte Gitarre oder eine herzerweichende Fiddle die Melodien führen, man wird von feinster Musik eingehüllt. Das ist eine gute halbe Stunde zum Zurücklehnen, Innehalten und Reflektieren. Daryl Mosley hat seinen Anspruch an gute Musik auch mit dem neuen Album “A Life Well Lived“ absolut erfüllt. A music well done.
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Bomshel – Best Of
(VÖ: 12.05.2023)
Mit einem unsäglichen umz, umz, umz Beat und Rap beginnt das Album “Best Of“ von Bomshel mit dem Titel “Bomshel Stomp“. Zehn der besten Titel der Damen Formation bestehend zunächst mit Lead Sängerin Buffy Lawson und Kristy Osmunson, später wurde Buffy durch Kelley Shepard ersetzt, sollen an die Zeit vor über 10 Jahren erinnern, in der Bomshel sich anschickte, die Country Welt zu erobern. Allerdings konnte Bomshel nie wirklich an die ganz Großen des Genres heranreichen. Das bombastische Aussehen der blondgelockten Damen, welches Pate für die augenzwinkernde Anlehnung des Bandnamens stand, konnte musikalisch halt nicht für Furore sorgen. So bleiben die Tracks auf dem “Best Of“ Album von Bomshel im Mittelfeld mainstreamorientierter Country Pop Music stecken. Für eine Hintergrundunterhaltung ist die Musik von Bomshel durchaus geeignet. Mehr aber auch nicht.
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Brennen Leigh – Ain’t Through Honky Tonkin‘ Yet
(VÖ: 16.06.2023)
Mit dem ersten Titel des neuen Albums von Brennen Leigh wird deutlich, welche Musik die Konsumenten erwartet. “Running Out Of Hope, Arkansas“ beschreibt die Flucht einer jungen Frau aus der ländlichen Kleinstadt Enge um die weite Welt zu erkunden und nie wieder zurückkommen zu wollen. Zum Leidwesen vieler Fans guter alter Country Music wird bereits von Vintage Country gesprochen. Doch genau das beschreibt die Musik von Brennen Leigh am Treffendsten. “Somebody’s Drinking Of You“ handelt vom Verlassenwerden. Mit Produzent Chris Scruggs hat Brennen Leigh nicht nur einen Kenner traditioneller Country Music, sondern auch einen hervorragenden Gitarristen an ihrer Seite. Hinzu kommen Top Musiker wie Marty Stuart an der Mandoline, Aaron Till an der Fiddle oder u.a. Rodney Crowell als Background Vocal. Mit dem Titelsong “Ain’t Through Honky Tonkin‘ Yet“ ist die Erzählerin noch nicht bereit für ein niedergelassenes Leben. Brennen Leigh ist ja selbst eine geachtete Gitarristin, ihr Hauptaugenmerk liegt zweifelsohne auf den Texten ihrer Songs. So gibt es jede Menge Laid Back Music ohne überzogene Aufgeregtheiten und eingebettet in feine Instrumentierungen. Bei “Mississippi Rendezvous“ streicheln Stimme und Instrumente die Ohren. “Every Time I Do“ versetzt die Zuhörer in die Zeit einer Patsy Cline. Wenn mit dem 12. und letzten Titel “You Turned Into A Dragon“, in welchem Brennen Leigh die Verwandlung zum Schlechten des Mannes, in den sie sich verliebte, mit beinahe zuckersüßer Stimme beschreibt und den gezogenen Schlussstrich für richtig beurteilt, hat man ein wunderbar nostalgisch angelegtes Album gehört. Wenn die Mainstream Pop/Rock Country Gemeinde hier von Vintage Country spricht, so ist das eher ein Prädikat. Feine Musik und gut erzählte Stories lassen die gute halbe Stunde wie im Flug vergehen.
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John King – Always Gonna Be You Deluxe Edition
(VÖ: 19.05.2023)
Nach zwei EP’s seit 2015 und einigen Single Veröffentlichungen hat John King 2021 sein erstes volles Album vorgelegt. Mit 13 Tracks ist “Always Gonna Be You“ als Deluxe Edition komfortabel ausgestattet. Der Mann aus Georgia setzt auf sein Songwriting und verfolgt den Anspruch über Dinge zu schreiben, die den meisten seiner Zeitgenossen bekannt sein dürften. Große Liebe, Enttäuschung und Erfahrungen des Erwachsenwerdens sind Themen, die John King in seine Musik gepackt hat. Musikalisch setzt er auf Pop Country und liegt sicher nicht ganz daneben. So manches Radio Play dürfte ihm beschieden gewesen sein. Nun zwei Jahre nach der Veröffentlichung von “Always Gonna Be You“ soll eine Deluxe Edition weiterhelfen. Aber auch die drei Deluxe Tracks heben das Album nicht in höhere Sphären. Musik und Texte gehören näher an Pop als an Country verortet. Das hat ganz sicher Publikum. Für Freunde von textlich oder musikalisch inhaltsschwererer Country Music ist hier nicht genug Fleisch am Knochen.
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Justin Moore – Stray Dog
(VÖ: 05.05.2023)
Haben seine ersten vier Alben seit 2009 noch in den Charts die vordersten Plätze belegen können, hatte das vorletzte Album “Straight Outta The Country“ sich gerade so unter die Top 50 mischen können. Nun soll das neue Album “Stray Dog“ an frühere Erfolge anknüpfen. Justin Moore hat dazu lediglich acht Tracks auf sein Album gepackt. Dafür aber wieder moderne kraftvolle Country Music, die mit einigen Prisen Rock gewürzt wurden. Dem Mann aus Arkansas merkt man aber stets an, dass er von traditioneller Country Music beseelt ist. Schon mit dem treibenden Sound des Openers “Everybody Get Along“ erinnert er an all die Dinge, die unterschiedlich aber für ihn bedeutend sind. Mit dem Radio Knaller “With A Woman You Love“ macht er klar, dass sich alles im Leben ändern kann mit der Frau, die man liebt. “Better Slow“ ist eine Ballade mit Gedanken über Dinge, die man besser intensiver an sich heranlassen sollte. Der Titelsong soll Justin Moore als einen ungezügelten Freigeist darstellen, der sich nicht einfangen lässt. Bei “You, Me And Whiskey“ und mit Kollegin Priscilla Block im Duett geht es um ein Paar, das sich in einer Bar näherkommt. Mit einem rockigen, beinahe bockigen “Get Rich Or Drunk Trying“ (mit einem Long Play Outro) endet das Album “Stray Dog“ von Justin Moore und man hat dem “streunenden Köter“ mit nicht einmal einer halben Stunde viel zu kurz zuhören dürfen.
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Lonestar – Ten To 1
(VÖ: 02.06.2023)
Wer hätte nicht Lust auf ein Wiederhören mit den zehn erfolgreichsten Songs der Band Lonestar? Was Mitte der 1990er Jahre begann, erwies sich bis in das neue Jahrtausend als die Karriereautobahn für die Musiker, die in Nashville zusammengeführt wurden. Zwischenzeitlich hatte sich Frontmann und Sänger Richie McDonald in ein Solo Abenteuer begeben, kehrte aber wieder in den Schoß der Band Lonestar zurück. Mit dem Album “Ten To 1“ soll also an die größten Hits der Band erinnert werden. Ein wenig geschummelt hat man bei der Auswahl, blickt man auf die Billboard Platzierungen. Da hat der Titel “Everything’s Changed“ “nur“ einen Platz 2 erreichen können. Aber angeführt vom Überhit “Amazed“ folgen vom Ersteinstieg in den Charts (gleich auf Platz Eins) “No News“ über “Come On Cryin‘ To Me“, “Smile“, “What About Now“, “My Front Porch Looking In“, “Mr. Mom“, “Tell Her“ und dem zweiterfolgreichtsten Hit “I’m Already There“ alle neun Nummer Eins Erfolge von Lonestar. Heutzutage muten die meisten Titel sehr weichgespült an. Zumindest mit einer Prise Pop angereichert. Damals haben sie den Nerv der Zeit getroffen. Radiotauglich, tanzbar und geschmeidig, das Konzept hinter Lonestar ging auf. Tatsächlich zieht der einsame Stern der Band am Country Himmel heute eher weniger bemerkenswerte Bahnen. Dennoch ist das Album “Ten To 1“ von Lonestar eine liebenswerte Retrospektive. Zeitzeugen von damals werden es zu würdigen wissen.
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Tanya Tucker – Sweet Western Sound
(VÖ: 02.06.2023)
Was 1972 mit “Delta Dawn“ begann und was Tanya Tucker den ungeliebten Beinamen Delta Dawn Girl einbrachte, sollte sich zu einer der eindrucksvollsten Karrieren einer Sängerin der Country Music entwickeln. Nunmehr über 50 Jahre später hat Tanya Tucker ihr 25. Album am Start. Sie, die einst nicht im Himmel sein wollte, wenn dort keine Cowboys sind, nannte das neue Werk “Sweet Western Sound“ und bleibt ihrem Genre damit treu. Eine wechselhafte Karriere und manchmal raue Lebensumstände haben die Sängerin aus Seminole, Texas, zu einer Ikone ihrer Zunft werden lassen. Wie alter Wein, ist sie mit den Jahren intensiver, direkter und beispielhafter für Country Music Sound geworden. Das neue Album beginnt mit einem mehr gesprochenen als gesungenen Loblied über “Tanya“ von Billy Joe Shaver, welches nahtlos überleitet zu Track 2 “Kindness“, einer melancholischen Retrospektive, möglicherweise autobiografisch. Mit Co-Produzentin Brandi Carlile folgt das metaphorisch angelegte Duett “Breakfast In Birmingham“. Auch in den Textzeilen von “Waltz Across A Moment“ muss man nach der Botschaft etwas suchen. Die Stimme von Tanya Tucker könnte aber das Absingen des Telefonbuches zu einem Ereignis werden lassen. Immer wieder taucht als Songschreiberin Tanya Denise Tucker auf. Ja, so lautet der zweite Vorname der beeindruckenden Interpretin der schnörkellosen Country Music. Eine Abrechnung mit allen, die ihr ihre Verfehlungen im Leben immer wieder vorhalten wollen, antwortet Tanya Tucker trotzig im Titel “The List“, sie sollen doch eine Liste aufstellen. Mit “Letter To Linda“ gedenkt sie einer Kollegin, die ihr wohl sehr viel bedeutet und die krankheitsbedingt nicht mehr performen kann, Linda Ronstadt. Mit einer berührend einfühlsamen Betrachtung über einen alternden Cowboy im Song “When The Rodeo Is Over (Where Does The Cowboys Go?) schließt das Album “Sweet Western Sound aber nicht ohne einen letzten Gruß von Billy Joe Shaver. Gerne hat man dieser Künstlerin zugehört, in deren Interpretationen so unglaublich viel glaubhafte Erfahrungen stecken. Mit dieser halben Stunde Unterhaltung kann man einmal Abstand gewinnen vom High Speed Alltag.
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Tracy Lawrence – Live At Billy Bob’s, Texas
(VÖ: 12.05.2023)
Im Oktober 2022 fand das Konzert im berühmten Country Music Nachtclub Billy Bob’s in Fort Worth Stockyards, Texas, statt. Main Act an diesem Abend war Tracy Lawrence. Für den Star, der 1991 mit “Sticks And Stones“ seine ersten Meriten verdiente, ein Heimspiel. Und dann feuerte der groß gewachsene Mann seine Hits ab. Einen Top Erfolg nach dem anderen. Da fehlten seine Nummer Eins Erfolge wie “Time Marches On“, “Alibis“, “Find Out Who Your Friends Are“ oder “Sticks And Stones“ genauso wenig wie “Better On, Better Off“ und “Paint Me A Birmingham“. Abgesehen davon, dass man da gern dabei gewesen sein wäre, ist der Mitschnitt geradezu genial. Ein Genuss. Die Mischung zwischen der Live Atmosphäre und richtig professionell aufgenommener Musik ist absolut konsumtauglich. Liegt es am Heimvorteil oder am Können von Tracy Lawrence, dass die Live Mitschnitte mindestens genauso gut sind wie die Studioaufnahmen? Ein ganz großer Künstler der Country Music hat hier einmal mehr bewiesen wie Country Music sein kann und den Konzertbesuchern und den Konsumenten des Albums “Live At Billy Bob’s, Texas“ von Tracy Lawrence eine fette Stunde feinster Unterhaltung geboten. Hut ab.
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Nate Smith – Nate Smith Deluxe
(VÖ: 28.04.2023)
Da hatte der Mann aus Kalifornien in 2022 die Charts mit seinem Song “Whiskey On You“ gestürmt und setzt mit einem Album nach, welches seinen Namen als Titel trägt. Das war Nate Smith noch nicht genug. Er schiebt noch sechs Deluxe Tracks dem Album hinzu und überflutet die Konsumenten mit einem 26 Tracks Player. Da rockt es wie bei “One Good Girl“ und füttert jede Party. Jede Menge Radio Play Music wie “Back At It Again“, natürlich “Whiskey On You“, “You Shouldn’t Have To“, “Name Storms After“ und einige andere Titel mehr. Leider gleichen sich etliche Titel wie ein Ei dem anderen. Jede Menge Pop Elemente hat Nate Smith in seine Songs gepackt. Keine Frage, da könnte ein neuer Stern am Country Music Himmel aufgehen. Ob man den Karrierestart aber mit einer “Tsunami Welle“ an Musik beginnen muss, bleibt dahingestellt. Tröstlich, dass auch einige Balladen das Album “Nate Smith Deluxe“ komplettieren. Fast alle Titel hat Nate Smith selbst geschrieben. Sehr geschmeidige Balladen hat er mit “Oil Spot“ oder “Wreckage“ und “Sleeve“ (der vielleicht gelungenste Titel des Albums) zu bieten. Bei dem Namen Nate Smith sollte man in Zukunft aufmerksam bleiben. Es wäre ihm zu wünschen, dass ihm das Schicksal eines verglühenden Kometen erspart bleibt.
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The Infamous Stringdusters – A Tribute To Flatt & Scruggs
(VÖ: 21.04.2023)
Wer die Grammy und Award Nominierungen im Bereich Bluegrass verfolgt, wird The Infamous Stringdusters als eine der erfolgreichsten Formationen dieses Genres kennen. Die fünf Musiker, die ausnahmslos Spitzenkönner an ihren Instrumenten sind, bekennen sich immer wieder zu den Wurzeln des Bluegrass. Mit der sechs Tracks umfassenden EP “A Tribute To Flatt & Scruggs“ ehren sie, das nach Bill Monroe, wohl bemerkenswerteste Duo des Bluegrass Lester Flatt und Earl Scruggs, der vormals selbst bei Bill Monroe spielte. Unvergessen das Banjo Spiel dieses Ausnahmemusikers. So fehlt dann auch das berühmte “Earl’s Breakdown“ im Tribute Album der Infamous Stringdusters nicht. “Blue Ridge Mountain Home“, ein einfühlsames “Cabin On The Hill“ oder das treibende “Down The Road“ sind weitere Highlights des Albums. “Will You Be Lonesome Too“ präsentiert virtuoses Gitarre Spiel gepaart mit einem furiosen Fiddle Play. Für Bluegrass Fans, obwohl alles schon oft genossen, ist dieses Tribute Album wieder ein Schmankerl.
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Brett Kissel – The Compass Project – East Album
(VÖ: 28.04.2023)
Nach neun Vorgänger Alben inklusive der ersten Ausgabe, “South Album“, der vier Alben Box mit dem Titel “The Compass Project“ hat der kanadische Interpret Brett Kissel nun mit “East Album“ das zweite Werk vorgelegt. Bleibt es dabei, wird am Ende des Jahres das Projekt mit 4×10 Tracks ein sehr umfangreiches Werk des Mannes aus der Provinz Alberta vorliegen. Die Tracks des “East Album“ sind ruhige, gefühlvolle Balladen, die sich um Kleinstadtleben junger Verliebter drehen. Immer in Singer/Songwriter Manier und akustischer Gitarrenführung schmeicheln die Titel den Ohren. Brett Kissel unterstreicht diese Laid Back Atmosphäre mit einer sanften, manchmal etwas zu zuckersüßen, Stimme. Sicher weiß man erst was der Kanadier alles in sein Konzeptpaket “The Compass Project“ gepackt hat, wenn man auch das vierte Paket genossen hat. Das “East Album“ ist sehr einförmig und eignet sich sicher nicht für eine Party. Dennoch ist diese Musik wohltuend anders als die allgegenwärtige “Hau-Drauf“ Mainstream Radio Mucke.
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Ian Munsick – White Buffalo
(VÖ: 07.04.2023)
„Der aus Wyoming stammende Ian Munsick zeichnet mit seinem zweiten Album White Buffalo, das am 7. April erscheint, ein rasantes, temperamentvolles Porträt des amerikanischen Westens. Das 18-Track-Album enthält ungefilterte Geschichten über Romantik und Ranchleben, hart arbeitende Hymnen mit Honkytonk-Hooks und Oden an die Familie und den ewig jungen Spaß in den Bergen.“
So beschreibt Bear Family das neue Album von Ian Munsick. An die nasale, schneidende Stimme muss man sich erst einmal gewöhnen. Der Akzent des Ranchers aus Wyoming tut sein Übriges. Ob man die Fans mit rockigen Arrangements von den Vorzügen des Westens und des einfachen und grundehrlichen Lebens überzeugen kann, bleibt dahingestellt. Mit Kollege Cody Johnson hat Ian Munsick und “Long Live Cowgirls“ einen Chart Hit vorzuweisen, der mit fortschreitender Spieldauer eher langatmig wirkt. Ian Munsick setzt seine Stimme sehr eigenwillig in Szene, etwa bei “Dig“, wo er sich an Falsett ausprobiert. Das sind oft gehörte Rock Balladen, von denen es auf dem 18 Tracks umfassenden Album reichlich gibt. Der Titelsong sticht ein wenig hervor und kann einigermaßen überzeugen. Auch das Duett mit Vince Gill, “Field Of Dreams“, in welchem Vince Gill bis auf sein geniales Gitarre Spiel völlig untergeht, kann kein Highlight sein. Da hätte man besser zwei Alben veröffentlicht. So kann die Interpretation von Ian Munsick leicht einmal stressig werden. Der junge Mann aus Wyoming will hier einfach zu viel beweisen.
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Jenna Paulette – (I’m gettin‘ back to) The Girl I Was
(VÖ: 31.03.2023)
Wenn man wie Jenna Paulette in Texas geboren und in Oklahoma aufgewachsen ist, saugt man Country Music sozusagen mit jedem Atemzug ein. Kein Wunder also, dass sie sich einer Country Music widmet, die bodenständig und traditionell gegründet ist. Das kurze Intro, “Home On The Range“, ein Retro Walzer, lässt auf ganz alte Musik hoffen. Dann wird mit “Fiddle And Violin“ klar, dass hier eine moderne Frau ihre eigene Sicht auf Country Music hat. Geschmeidig auch der Titel “Anywhere The Wind Blows“, der auch gut im Radio platziert werden kann. “You Ain’t No Cowboy“ markiert eine feminine Ballade und “Bless Her Heart“ bearbeitet das gleiche Thema in einem rockigeren Arrangement. Der Titelsong ist eine Selbstreflexion nach einer gescheiterten Beziehung und die Feststellung, dass Jenna Paulette sich gefangen hat und mit sich wieder im Reinen ist. Ein sehr gefälliger Titel. Mit Track 16, einem Outro mit dem bekannten Walzer Thema des Intros, endet das Album “The Girl I Was“ von Jenna Paulette. Das Debütalbum ist durchaus gelungen wenngleich die Abwechslung von eher traditionellen Aufnahmen mit etwas mehr
*************************************************************************************Mainstream orientierten Songs an ein festgelegtes Muster erinnert. Keine echten Highlights, dafür solide Unterhaltung und das wars.
Ray Scott – Wrong Songs: Musings From The Shallow End
(VÖ: 31.03.2023)
Er provoziert gern und reichlich. Schon das Cover Bild des neuen Albums “Wrong Songs: Musings From The Shallow End“ zeigt einen Ray Scott, der als Beethoven verkleidet sehr seriös vom Notenblatt aufblickt. Doch der erste Titel ist mit seinem nicht ganz jugendfreien Text eine Kehrtwendung des ersten Eidruckes. Im “Love Song“ gibt es eine Botschaft, dass allzu gedankenlos eingegangene Beziehungen auch mal zum Urologen führen können. Provokation Nummer Zwei. Von Track zu Track werden Zoten, Kraftausdrücke und Anzüglichkeiten in die Texte gepackt. So wird klar, warum das Album “Wrong Songs“ heißt. Eine Anleihe an Johnny Cashs Sprechgesang hat Ray Scott im Titel “Robertson County Lock-Up Blues“ zelebriert. Nach 26 Minuten ist die Parade der provokanten Texte beendet. Manche sind in gängige Honky Tonk Klänge verpackt. Andere beinahe unschuldig in Cha-Cha-Cha oder Two-Step Arrangements verkleidet. Obwohl man dem Bass von Ray Scott gern zuhören mag, sind die Inhalte dieser 8 Tracks auf seinem Album “Wrong Songs: Musings From The Shallow End“ ein Spiegel seiner Rebellion und eines Outlaw Images. Das ist nichts für, Verzeihung, Klosterschwestern.
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Chancey Williams – One Of These Days
(VÖ: 24.03.2023)
Es kann keinen Nachfolger für den Rodeo Helden und Country Musiker Chris LeDoux geben. Aber wenn man das Genre, das LeDoux bediente einmal neu erleben möchte, ist man bei Chancey Williams an der richtigen Adresse. Williams ist selbst auch Rodeo Artist und tritt mit seinem fünften Album “One Of These Days“ wieder mit 12 Tracks in einem neotraditionellen Western/Rodeo Style an. Mit treibendem Beat beginnt das Album mit dem Titel “The Saint“ und lässt offen, ob es sich bei der Beschreibung eines Kriminellen oder eines Heiligen handelt. Hat man die ersten Titel gehört, erklingt plötzlich mit “On The Tear Tonight“ ein total irisch geprägter Kneipen Hit, der so in jedem Irish Pub für Furore sorgen würde. Originell und zum Mitfeiern geeignet. “Blame It On The Rain“ zeigt, dass Chancey Williams auch Balladen kann. “Land Of The Buffalo“ unterstreicht noch einmal, dass auch die harten Rodeo Kerle mitunter eine weiche Seite zeigen. “Only The Good Ones“ kommt beschwingt daher und thematisiert dennoch die fragile Beziehung zwischen Mann und Frau. “Talk About A Memory“ setzt das Thema Beziehung bis zum Verlust fort. Mit fordernden Drums treibt “Rodeo Time“ voran und glorifiziert das Leben als Rodeo Artist. Mit dem Dustin Evans Titel “If I Die Before You Wake“, den Jimmy Weber 2010 auf seinem nach ihm benannten Album aufgenommen hat, präsentiert Chancey Williams eine Hommage an die amerikanischen Soldaten, die voller Überzeugung für das freie Leben überall auf der Welt in den Krieg ziehen. Ob das immer so gelten kann, das muss jeder selbst für sich entscheiden. Das Album “One Of These Days“ bietet Testosteron geschwängerte Titel zwischen Ledersätteln und dem was echte Kerle zu genau diesen macht.
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Kristian Bush – 52 – This Year
(VÖ: 10.03.2023)
Gleich vorweg. Auch dieses (vierte) Album seiner Serie “52“ mit dem Titel “52 – This Year“ ist wieder ein Rundumschlag durch die musikalische Welt von Kristian Bush. Country Pop, purer Pop, Country Music Verweigerung und Ausflüge in alle möglichen Genres können Country Music Fans nicht begeistern. Trotz allem zeigt Kristian Bush, dass er mit seinem musikalischen Genie keine Grenzen anerkennt und weiterhin als Solo Künstler einen Weg beschreitet, auf dem ihm nicht viele Fans folgen möchten. Unter den 14 Tracks des Albums mögen durchaus Titel sein, die ihre Freunde finden können. Vier Alben, angefüllt mit solchem Sammelsurium, mag ihn als Künstler beschreiben. Das wars aber auch. Ach, was waren die Sugarland Zeiten doch so angenehm.
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Luke Combs – Gettin‘ Old
(VÖ: 24.03.2023)
Schon längst hat die Country Music Welt bemerkt, dass Luke Combs einer der bemerkenswertesten Songschreiber und Interpreten der jüngsten Vergangenheit ist. Er bekam zuletzt jede Menge Preise und Ehrungen, u.a. die höchste Auszeichnung der CMA als Entertainer Of The Year 2022, und hat nun mit seinem vierten Album “Gettin‘ Old“ die Fortsetzung des Vorgänger Albums “Growin‘ Up“ am Start. Kompromissloser Country Rock wie bei “Hannah Ford Road“ bleibt trotz aller Erwartungen allein auf weiter Flur. Luke Combs kann mit seiner Stimme, die kein Weghören gestattet, aus jeder Ballade ein Ereignis machen. So sind die eindringlichen Balladen der durchgehende rote Faden neben dem Sujet des “Erwachsenwerdens“, welches auf das “Aufwachsen“ folgt. Schon der Opener “Growin‘ Up And Gettin‘ Old“ beginnt wortgewaltig über das Leben nachzudenken und wieviel Zeit denn bleibt um sein eigenes Dasein zu gestalten. “Back 40 Back“ beklagt die Geschwindigkeit mit der sich die Welt um uns herum verändert. Beinahe zärtlich erzählt Luke Combs in “The Beer, The Band And The Barstool“ von der Einsamkeit und dem Abhängen in der Kneipe. Sein Liebesbekenntnis in “Still“ hat so gar nichts von Schnulze und ist dennoch nachvollziehbar schmachtend. Luke Combs kann so etwas. Mit dem einfachen Titel “Joe“ thematisiert er das sehr ernste Thema des Alkoholismus. Sehr ernsthaft setzt sich Luke Combs mit der eigenen Vergänglichkeit im Titel “My Song Will Never Die“ auseinander, wenn er hofft, dass sein Song noch von irgendwem gesungen werden wird wenn er längst nicht mehr ist. Ein verstecktes Schielen auf das „ewige Leben“? Mit diesem zehnten Track hätte das Album “Gettin‘ Old“ ja schon zu Ende sein können. Luke Combs hängt aber noch weitere acht Tracks an. Bei “See Me Now“ und “Take You With Me“ geht es um Vergangenheitsbewältigung und Erinnerung an Vater und Großvater und berührt ganz sicher. Überraschend die Coverversion des Tracy Chapman Welterfolges “Fast Car“. Mit der bitteren Betrachtung auf das Leben als Künstler wenn die Lichter ausgegangen sind und die Einsamkeit fern von der Liebsten daheim zuschlägt, ist das Thema des letzten Titels des beeindruckenden Albums “Gettin‘ Old“ von Luke Combs. Obwohl es auch durchaus weniger als 18 Titel hätten sein dürfen, ist diese Zusammenstellung teils autobiografischen Songmaterials absolut beeindruckend und hörenswert.
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The Mavericks – In Time 10th Anniversary Deluxe
(VÖ: 03.03.2023)
Warum nicht? Zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung des Albums “In Time“ der Tex-Mex-Country-Rock Band The Mavericks nun eine, um drei weitere Tracks erweiterte, Deluxe Edition auf den Markt zu werfen, ist eine gelungene Erinnerung an die großen Zeiten der Band um Raol Malo, der mit seinem Gesang den Sound der Band prägte. Den ursprünglichen Titeln wurde zunächst “Tonight Is The Night“ angefügt. Eine Ballade, die eher ein Musical Ambiente bedarf als ein Country, Tex-Mex oder verwandtes Ambiente. Hörenswert dennoch. Allein die Retro Gitarren sind gigantisch und rechtfertigen die über vier Minuten Spieldauer. Wie wunderbar ist die Erinnerung an Glen Campbell und sein “Gentle On My Mind“. Diese Version ist respektvoll dicht am Original und doch modern im Sound der Mavericks gehalten. Auch eine gute Idee ist die veränderte Aufnahme des ursprünglichen Schlusstitels “Ven Hacia Mi (Come Unto Me) erneut als Schlusstitel einzusetzen. Diesmal ohne die gewaltigen Bläsersätze. The Mavericks waren nie eine Country Band und hatten mehr Schulterschluss mit mexikanischer Folklore und Jazzklängen. Diese Musik sollte man sich aber hin und wieder gönnen.
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Carly Pierce – 29: Written In Stone – Live From Music City
(VÖ: 24.03.2023)
Vor lauter “29“ benannten Veröffentlichungen von Carly Pearce kommt man völlig durcheinander. Erst gab es “29: Written In Stone“ dann die EP “29“ und nun ihr erster Livemitschnitt “29: Written In Stone – Live From Music City“. Und was steckt drin in dem Mitschnitt? Na klar, alle Titel der EP und des Albums aus 2021. Hier und da ein wenig Zugabe und schon ist das Konzert fertig. Natürlich stechen die Hits wie “Next Girl“ und “Never Wanted To Be That Girl“, der Hit mit Kollegin Ashley McBryde, hervor. Wer Lust auf ein, von Fan Gekreische nur so strotzendes, Album mit 19 Tracks, die alle mehr oder weniger gleich klingen, ist hier richtig. Bekannt sind die Titel alle. Auch live ist der Eindruck nicht überwältigend.
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Henry Wagons – South Of Everywhere
(VÖ: 03.02.2023)
Henry Josef Wagons ist ein Interpret aus Australien, der in “Down Under“ auch als Frontmann einer Country Rock Band auftritt und zudem in Radio und Fernsehen als Moderator fungiert. Mit “(Don’t Be) Down And Out“ beginnt sein Album “South Of Everywhere“ im Alternative Style und ist mehr gesprochen als gesungen. Doch gleich folgt eine Ballade mit “I Don’t Know When It Is I’m Gonna Die“, die Frage nach dem eigenen Ableben, die vielleicht schon einmal jeden berührt hat. Henry Wagons hat einen lockeren Blick auf Country Music wie es in Australia von vielen Interpreten zelebriert wird. Die eher mittelmäßigen gesanglichen Fähigkeiten lassen ihn viel Sprechgesang darbieten, gepaart mit Alternative Instrumentalbegleitung. Auch hätte ein wenig mehr “Aufräumen“ bei der Produktion dem Album gutgetan. Nach 11 Tracks hat man es geschafft und die Demonstration eigenwilliger Interpretation von Country Music durch Henry Wagons überstanden. Das ist nur für Fans oder Sammler von Musik aus Australien zu empfehlen.
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High Valley – Way Back Deluxe Edition
(VÖ: 20.05.2022)
Immer wenn ein Album mit Deluxe Edition angekündigt ist, sollte man genau hinsehen. Schon ein Jahr alt ist das sechste Album “Way Back“ der kanadischen Band High Valley. Nun soll eine Deluxe Edition erneut die Konsumenten anziehen. Also haben High Valley das Ursprungsalbum, welches 13 Tracks umfasste, mit fünf weiteren Aufnahmen ergänzt, allesamt Remix Pop Music. Diese Deluxe Versions können Fans echter Country Music nicht begeistern. Okay, das Album “Way Back“ aus 2022 hatte auch nur Pop Country zu bieten. Insofern fragt man sich, wie der Album Titel gemeint sein könnte. Zurück zu was? Zu guter echter Country Music ganz sicher nicht. Kann man mal hören. Radio Play ist hier und da sicher zu erzielen. Die Pop Beats ermüden mit der Zeit. High Valley sollen laut Wikipedia in den Genres Country, Gospel und Bluegrass zu Hause sein. Von alledem ist auf dem Album “Way Back“ und jetzt auf der Deluxe Edition nichts zu merken.
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Hunter Hayes – Victory
(VÖ: 21.04.2023)
Mag er auch ein Multiinstrumentalist sein, was Hunter Hayes mit seinem Album “Victory“ abgeliefert hat, ist unerträgliche Pop Music, die in der Country Sparte absolut nichts verloren hat. Dieses Boy Group Gehabe und die Pop Arrangements sollten auch in diesem Genre stattfinden. Wann hören Publisher, Manager und PR Agenten endlich auf, solche Musik als Country Music verkaufen zu wollen. Fans von Country Music werden sich hier mit Gänsehaut abwenden. Diese halbe Stunde wäre gestohlene Lebenszeit für Country Music Fans. Zur Ehrenrettung von Hunter Hayes sei erwähnt, dass er selbst sich neben Country auch als Pop Music Interpret versteht.
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Jake Ybarra – Something In The Water
(VÖ: 07.04.2023)
„Jake Ybarra ist ein echter Nachfahre einer starken texanischen Songwriter Tradition. Denken Sie an die Seele von Guy Clark, die Weisheit von Rodney Crowell, die Poesie von Townes Van Zandt, den Witz von Kris Kristofferson und den Überlebensinstinkt von Steve Earle und Sie bekommen eine Vorstellung davon, wozu Jake Ybarra fähig ist.“ So schrieb Greg Victor (parcbench.live) in seiner Rezension des Debütalbums von Jake Ybarra. Tatsächlich kann man in den zehn selbstgeschriebenen Songs des bereits mit vielen Vorschusslorbeeren versehenen Singer/Songwriters jede Menge Anlehnungen an die Lyrics der von Greg Victor genannten Künstler erkennen. Jake Ybarra verfügt über die Gabe, Songtexte zu schreiben, die einerseits metaphorisch und gleichzeitig so präsent sind. Für einen Mann Mitte Zwanzig steckt da viel Lebenserfahrung drin und meist sind es bittere, manchmal bittersüße Erlebnisse und Gefühle, die in seinen Titeln verarbeitet werden. Das alles kam nicht von ungefähr. Jake Ybarra stammt aus einer Musikerfamilie. Geboren in Texas, aufgewachsen in South Carolina und nun in Nashville lebend, scheint sein musikalisches Schaffen sowohl des handfesten texanischen Storytellings, als auch feineren Zeilen mit geradezu schriftstellerischen Ambitionen verpflichtet zu sein. Auch die Musik und deren Arrangements sind klar traditionsbezogen. Musikalisch setzt Jake Ybarra auf sein akustisches Gitarre Spiel, welches auf seine Texte eher hinführt als ablenkt. “Late November“, der Opener kann schon gleich einmal demonstrieren, wie der Text vom verantwortungsvollen Arrangement umrahmt wird. Beinahe Alternative ist der Song “Blood Line“ und rockt. Gleich darauf folgt mit “Savannah’s Song“ eine Liebeserklärung, die manche Frage offenlässt. Neben dem Opener ist der flotte Titel “A Whole Lot To Remember“ die zweite Singleauskopplung des Albums “Something In The Water“ von Jake Ybarra. Mit weit über vier Minuten hat “Long Winter“ den meisten Raum auf dem Album erhalten. Eine erzählerische Ballade, die die Komplexität und Kompliziertheit einer Beziehung skizziert. Mit der sentimental düsteren Betrachtung des eigenen Daseins ist mit “Call Me By My Name“ der vielleicht schönste Song des Albums gelungen. Oft ist das Arrangement der Songs mit Piano und akustischer Gitarre, manchmal mit Hammond Orgel unterlegt. Immer steht der Gesang im Vordergrund und das Erzählen der Gefühle, Zweifel und verwirrender Gedanken. Die Metaphorik hat den Charakter des Albums “Something In The Water“ von Jake Ybarra vielleicht etwas zu viel bestimmt. Auf jeden Fall ist dieses Album wohltuend anders und sollte jedem Fan besonderer Erzählkunst aus der Seele sprechen.
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The Panhandlers – Tough Country
(VÖ: 03.03.2023)
Drei Jahre nach ihrem Erstlingswerk hat die Band The Panhandlers mit “Tough Country“ wieder ein Hommage Album auf West Texas am Start. Und “tough“ beginnt das Album mit dem Titel “Flat Land“. Wer da eine gemütliche Landschaftsbeschreibung vermutet, liegt ziemlich falsch. Eine typische Kreatur dieses Landes erzählt, dass sie schon dort war, als von Menschen noch nichts zu sehen war. Dass sie beobachtet, wie auch diese Lebensform verschwinden wird und deren Knochen in der Sonne verbleichen. Aus dem Blickwinkel einer Giftschlange, die als Reptilie das Land schon seit zigtausend Jahren ihre Heimat nannte, ermahnt sie die modernen Menschen. Welch ein gewaltiger textlicher Auftakt. Man könnte das Album “Tough Country“ beinahe ein Konzeptalbum nennen, so wie Josh Abbot, William Clark Green, Cleto Cordero (bekannt als Frontmann der Band Flatland Cavalry) und John Baumann die Heimat West Texas darstellen und liebevoll skizzieren. Besonders deutlich im Titel “West Texas Is The Best Texas“. Da stellen die Panhandlers die großen texanischen Städte dem offenen Land, die Hektik und Jagd nach Geld der Städter der Ruhe, dem Frieden und den Sonnenauf- und Untergängen auf dem Land gegenüber. Das gipfelt im Titelsong, der das harte Leben thematisiert, das den Menschen dort abverlangt wird. Mal als Shuffle, mal als Texas Swing, mal als feine Ballade kommen die Songs daher. Viel Zeit bekommt der Titel “Lajitas“, ein Alternative Border Song, der die mexikanische Nachbarschaft behandelt. Immer wieder wechseln die Stimmungen und Tempi auf dem Album “Tough Country“ von The Panhandlers. Abgesehen von den Texten, die immer ein gutes Zuhören lohnenswert sind, ist die Musik abwechslungsreich und beinhalten feine Soli und sind aufmerksam arrangiert. Eine Besonderheit unter den 14 Tracks ist der Titel “The Corner Comedian“. Darin wird mit Sprechstimme aus dem Leben eines armen Teufels erzählt und man kann die Traurigkeit förmlich greifen. Wer auch einmal ohne Charts und Radio Play Music auskommt, stößt hier auf ein besonders feines Werk. Empfehlenswert.
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Ward Thomas – Music In The Madness
(VÖ: 10.03.2023)
Seit 2014 bis 2023 hat das britische Zwillingsduo Ward Thomas fünf Alben veröffentlicht. Das neue Werk heißt “Music In The Madness“ und beinhaltet mit 12 Tracks jede Menge Pop Country. Und genau dafür treten Catherine und Lizzy Ward Thomas auch ein. Sie vermarkten sich als Pop Country Band. Erfolgsverwöhnt sind sie in ihrer Heimat von ihrem Debütalbum “From Where We Stand“ an. Keines ihrer Alben war schlechter platziert als Platz Eins und einmal “nur“ Platz Zwei der UK Country Charts. Der Eindruck zweier Pop Sirenen wird durch den zuckersüßen Harmoniegesang der Schwestern hervorgerufen. Auch die Texte heben oft ab in die undefinierbaren Sphären des Pop Genres. Ein feminines Album dessen Genuss einige Längen offenbart. Freunde romantischer, verklärter Musik und Texten, die nicht unbedingt mit dem wahren Leben zu tun haben, kommen hier auf ihre Kosten. Werden Ward Thomas auch als Country Duo im vereinigten Königreich gelistet und gemocht, hat ihre Musik mit echter Country Musik aber nichts zu tun.
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Rusty Truck – Rusty Truck
(VÖ: 24.02.2023)
Der Frontmann der Band Rusty Truck, Mark Seliger, hat als Fotograf für das Rolling Stone Magazine etliche Jahre gearbeitet. Bei den Music Stars gilt er als ein hervorragender Portrait Fotograf, dem die Stars vertrauen. Nun hat er seiner Leidenschaft für die Musik selbst nachgegeben und das Album “Rusty Truck“ mit den Kollegen der gleichnamigen Band veröffentlicht. Zehn Titel präsentieren selbstgeschriebene (zweimal mitgeschriebene) Texte aus der Feder von Mark Seliger. In feinem Americana Sound beginnt das Album mit dem Titel “Ain’t Over Me“ und bietet eine Fülle an Instrumentierung. Mit seiner langjährigen, freundschaftlich verbundenen, Kollegin Sheryl Crow hat er mit “Find My Way“ das Thema von Romeo und Julia und welche Wege man finden muss, um der Liebe eine Aussicht zu geben, aufgearbeitet. Mit einem starken Instrumentalteil mit einer Hammond Organ bekommt der Song beeindruckenden Tiefgang. Doch schon erklingt mit “Summer 77“ ein rhythmisch eingängiger Titel, der auch im Retro Pop einen Platz finden kann. Bei “Corner Of Life“ ist Kollegin Sheryl Crow wieder dabei und unterstützt die Ballade, die an die Post Sechziger Jahre erinnert. Für “Bless My Soul“ hat er sich Jakob Dylan, ja genau den Sohn der Lyric Legende Bob Dylan, ins Studio geholt. Americana Sound vom Feinsten. “Cowboy Life“ ist dann ein Walzer ganz im Stil vergangener Honky Tonk Abende. Sinnigerweise heißt der letzte Titel des Albums “Rusty Truck“ von der Formation Rusty Truck “Coming Home“ und man hat tatsächlich das Gefühl, dass da jemand angekommen ist. Dieses Album ist nicht nur hörenswert. Es macht Laune.
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The Tender Things – That Texas Touch…
(VÖ: 24.02.2023)
Den Rock hat Jesse Ebaugh aus seiner Zeit als Bassist der amerikanischen Rockband Heartless Bastards mitgenommen in die von ihm gegründete Band The Tender Things. Nach einer LP und einer CD liegt nun das Album “That Texas Touch…“ vor. Man beschreibt die Musik entweder als Headneck Country Rock, Roots Americana, Country Soul oder Hippie Country. Alles klar? Verwirrend, oder? Aber genauso ist die Track Auswahl des Albums “That Texas Touch…“ von The Tender Things. Nach Rock beim Opener “I Can Love“ und Alternative beim Titelsong “That Texas Touch“ folgt ein geschmeidiger Country Song mit “Pale Blue“ und erinnert etwas an die Zeit der Byrds. Mit beinahe sechs Minuten haben The Tender Things dem Titel “My Condition“ die längste Spieldauer eingeräumt und dem experimentellen Psychedelic Arrangement scheint das auch angemessen zu sein. Bis zum ebenfalls episch langen Titel “In The Beginning“, der sinnigerweise den Schluss des Albums “That Texas Touch…) von The Tender Things markiert, hat man ein Wechselbad der Hörerlebnisse absolviert und ist am Ende nicht in der Lage diese Musik in Worte zu fassen. Sehr speziell, sehr ungewöhnlich und ganz sicher absolut nichts für Radio Play oder Charts. Hier sind Fans von sehr eigener Musikauslegung die Zielgruppe.
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Neal McCoy – The Warner Years
(VÖ: 10.02.2023)
Mit “No Doubt About It“ und “Wink“ konnte Neal McCoy 1993 und 1994 zweimal den Platz Eins der Country Single Charts erobern. Sein musikalisches Wirken begann für den Mann mit irischen und philippinischen Wurzeln in den frühen 1980er Jahren und dauert seitdem an. Allerdings kann er sich mit seiner Musik gegen die Mainstream Rock Country Music nur schwer behaupten. War dies ein Grund, mit einem Maximal Album mit 75 Titeln an seine bisherige Karriere zu erinnern. Das ist eine solch geballte Ladung Neil McCoy, dass man wohl kaum in der Lage ist, die mehr als vier Stunden des Zuhörens durchzuhalten. Natürlich ist es eine super Gelegenheit sich mit Neil McCoy musikalisch auseinanderzusetzen. Doch dürfte dieses Projekt für viele Interessenten “too much“ sein. Dafür ist seine Musik nicht herausragend genug.
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Jordan Davis – Bluebird Days
(VÖ: 17.02.2023)
Fünf Jahre sind vergangen zwischen dem Debütalbum “Home State“ und dem neuen Album “Bluebird Days“ von Jordan Davis. Eigentlich wollte Jordan Davis in Nashville als Songschreiber Fuß fassen. Aber warum nicht eigene Veröffentlichungen platzieren? Zu Beginn des neuen Albums könnte man von dem allzu offensichtlichen Mainstream Arrangement bei “Damn Good Time“ irritiert sein. Doch schon mit “Money Isn’t Real“, einer ungewöhnlich konträren Betrachtung zum “American Dream“, und mit “Tucson Too Late“, der Ballade einer vermasselten Beziehung, hat Jordan Davis einen sicheren und Freude bereitenden Bezug zu Country Musik wie sie, auch in der heutigen rockverseuchten Zeit, sein kann und muss. Jordan Davis vergisst aber nicht die Fans der Chart Mucke und der fetzigen Klänge und hat mit dem Radio Kracher “What My World Spins Around“ die richtige Medizin gegen den Blues. Bei “Sunday Saints“ nimmt er vorgetäuschten Glauben aufs Korn und mit kraftvollen Texten würzt er so manchen Song des mit 17 Tracks üppig ausgefallenen Albums. Ja, auch nervige Tracks wie “One Beer In Front Of The Other“ sind präsentiert. Jordan Davis hat aber einen Mix auf dem Album “Bluebird Days“, der einen Bogen spannt zwischen traditionell gegründeter Country Music und der Musik der Jetztzeit. Zum Schluss hat er ein Duett, “Midnight Crisis“, mit Kollegin Danielle Bradbery auf das Album gepackt bevor der Schlusstitel “Buy Dirt“ mit Kollegen Luke Bryan die wichtigen Dinge, die man im Leben machen sollte, thematisiert. Das Album “Bluebird Days“ von Jordan Davis ist sowohl technisch als auch inhaltlich absolut hörenswert. Bitte nicht noch einmal fünf Jahre Wartezeit.
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Kimmie Rhodes & Willie Nelson – Picture In A Frame (Deluxe Edition)
(VÖ: 27.04.2004, 24.02.2023)
Wer kennt Kimmie Rhodes? Sicher nur ganz eingefleischte Fans, die die Texanerin und ihre Karriere verfolgt haben. In den Charts sucht man die Sängerin der eher leisen Töne vergeblich. Was lag 2004 also näher als ein Album mit Willie Nelson aufzunehmen, der mit seiner Laid Back Guitar die 11 Titel des Albums “Picture In A Frame“ so wunderbar in Szene setzt. Zu diesem Album ist eigentlich nicht viel zu sagen. Es wendet sich an Freunde gefühlvoller und einhüllender musikalischen Atmosphäre. Wer da nicht anfängt zu träumen, dem ist nicht zu helfen. Spätestens bei “Rhinestone Highway“ muss man wegschmelzen. Schön, dass man an diese Zeit der Musik erinnert wird. Solch eine Ruhe Oase im Gegensatz zum Getöse des Mainstream Rock Zeitalters ist so wunderbar und wertvoll.
Der einzige Wermutstropfen ist die “Deluxe Edition“, die um einen einzigen Titel erweitert, nun den Fans als alter Wein in neuen Schläuchen präsentiert wird. So was muss nicht sein.
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Muscadine Bloodline – Teenage Dixie
(VÖ: 24.02.2023)
Mit dem zweiten Album machen Charlie Munchaster und Gary Stanton als Duo Muscadine Bloodline mit ihrer Rock Country Music weiter wie bisher. Ihr Album “Teenage Dixie“ umfasst 16 Tracks und hat von dem pubertären Gehabe seit der Erstveröffentlichung kaum etwas verloren. Diese Musik setzt auf Bombastus und lässt feinfühlige Transformation vermissen. Hat man einen Song gehört, hat man alle gehört. Das mag im Konzert wohl funktionieren. Als Album ist es zu einförmig und lädt nicht ein, sich mit den Texten näher zu beschäftigen.
Allerweltsgedröhne. Schade.
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Rob Ickes & Trey Hensley – Living In A Song
(VÖ: 10.02.2023)
Nicht zum ersten Mal veröffentlichen die beiden Ausnahmemusiker ein gemeinsames Album. Der Gitarrist Trey Hensley steht dem vielleicht bekannteren Dobro Spieler Rob Ickes in Nichts nach. Was diese beiden an ihren Instrumenten zu leisten im Stande sind, kann einem beim Zuhören nur die Kinnlade herunterfallen lassen. Mit dem Album “Living In A Song“ haben Rob Ickes und Trey Hensley wieder eine Auswahl ihres Songschreibens oder ihren Coverversionen vom Feinsten. Zugegeben, die Titel ähneln einander sehr. Doch bleibt der Eindruck ganz besonders begabten Musikern zu lauschen. Das ist keine Musik, die die Charts stürmen soll. Hier geht es um etwas Anderes. Eine wunderbare gute halbe Stunde Unterhaltung.
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Billy Strings – Me And Dad
(VÖ: 18.11.2022)
Ob die Botschaft im Song “‘Til You Can’t“ von Luke Combs, übrigens Single Of The Year bei den aktuellen CMA Awards, den Anstoß gab, dass Billy Strings ein längst geplantes Album mit seinem Vater aufgenommen hat, mag spekulativ sein. Auf jeden Fall wollte Billy Strings, mit bürgerlichem Namen William Apostol, das Familien Projekt unbedingt jetzt umsetzen. Seit er sechs Jahre alt war, war er mit der Musik aufgewachsen, die ihm sein Daddy Terry beibrachte und die in der Familie Apostol ständig präsent war. Bluegrass. Kein Wunder also, dass der junge Billy Strings, der Künstlername kommt ja nicht von ungefähr, mehrere saitenbespannte Instrumente erlernte und diese virtuos beherrscht. So bietet das Familien Projekt “Me And Dad“ jede Menge instrumentaler Musik, die schwungvoll und gekonnt in manche Gesangsstücken eingebracht ist. In Nashville entstand das Album unter Mitwirkung von äußerst talentierten und bekannten Musikern wie Bassist Mike Bub, Mandolinist Ron McCoury, Banjo Player Rob McCoury und Fiddler Michael Cleveland. Jerry Douglas mit seinem Dobro und Jason Carter mit der Fiddle komplettieren das Who Is Who der gefragtesten Studio Musiker der Bluegrass Music. Was macht es schon, dass “Daddy Terry“, Terry Barber, nicht unbedingt der überzeugendste Sänger ist. Die Standards der Bluegrass Music halten das locker aus. War doch Bill Monroe auch kein Gesangskünstler. Mit 14 Tracks ist das Album “Me And Dad“ nicht nur ein sympathisches Vermächtnis der Familie von Billy Strings. Es ist vor allem eine Dreiviertelstunde feinster Unterhaltung ohne Computerzeug. Der Schlusstitel lässt dann auch noch Mutter Debra als Gesangspart, wie einst bei der Carter Family, rau und mit unausgebildeter Stimme auftreten. So wird es in einigen Familien in den Appalachen einst geklungen haben.
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Carolyn Mark – Off Season
(VÖ: 18.02.2023)
Ihr Metier ist Alternative Country. Sie kommt aus Kanada, genauer aus British Columbia und ist ganz sicher nur wenigen Insidern bekannt. Mit ihrem Album “Off Season“ hat sie seit 1999 ihr zwölftes Album veröffentlicht. Nun mag Alternative Country nicht unbedingt von Frauen angeführt werden. Carolyn Mark jedoch wäre eine Anwärterin. Die 12 Tracks ihres Albums “Off Season“ bieten jede Menge Unterhaltung auf einem Niveau, welches sich einen Dreck um Radio Play und Mainstream schert. Das macht solche Musik so wertvoll und in diesem Fall absolut hörenswert. Manchmal ist Alternative Country mehr im Vordergrund, manchmal klingt ihre Musik so richtig Country mit feinen Instrumenten eingespielt und Raum gebend für die Instrumental Parts. Carolyn Mark spielt mit ihrem Sopran und setzt zuckersüße Stimme gegen Instrumentierungen, von denen man annehmen könnte, dass sie jeden Augenblick explodieren könnten. Dann wieder hat sie Jazz im Programm wie bei “Killin‘ Time (‘Till Happy Hour)“. Dagegen setzt sie mit “Wish I Was“ einen beinahe Pop Country Titel und bei “None Of Me“ wieder einen Songwriter Style. Bei “Wine Bag“ kommt dann der Alternative Country beinahe als Grunge zur Geltung. Für alle Fans von Alternative Country ist hier einmal eine gute Gelegenheit gegeben, eine gereifte Musikerin und Interpretin in der Mitte ihres musikalischen Schaffens zu erleben.
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Craig Campbell – The Lost Files: Exhibit A
(VÖ: 17.02.2023)
Da hat aber mal einer ordentlich aufgeräumt. Nun, mit dem eigenen Label Grindstone Recordings, sammelt Craig Campbell alle Titel ein, die er ohne vertragliche Verpflichtungen nun unter eigener Verantwortung transportieren kann und fügt einige Tracks hinzu, die bislang weniger oder gar nicht bekannt waren. Gleich zu Beginn lässt er es mit Kollege Travis Tritt mal krachen bei “Lot To Live Up To“. Der Sound erinnert an die 1990er Jahre und schwere Gitarrenriffs unterstreichen diesen Eindruck. Kaum kracht es mal nicht, wie bei “It’s About Time“ wird die Liebste metaphorisch umgarnt. Bro Country folgt bei “Things You Do In A Truck“ mit Kollege Trea Landon. So entsteht ein Sammelsurium von Titeln im Verlauf des Albums “The Lost Files: Exhibit A“. Dann hat Craig Campbell mit “Tractor Songs“ eine feine Country Ballade zu bieten, die vom Sesshaft werden handelt. Man kann ja mal spekulieren, ob es eine “Exhibit B“ geben wird. Ein fein überlegtes und abgestimmtes Album ist “The Lost Files: Exhibit A“ eher nicht. Ein wirtschaftlicher Befreiungsschlag? Für Country Music Fans sei die Motivation für ein solches Album uninteressant zu sein. Begeisternd ist dieses Werk allerdings nicht.
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Dierks Bentley – Gravel And Gold
(VÖ: 24.02.2023)
Das zehnte Album von Dierks Bentley liegt nun vor. “Gravel And Gold“ heißt es und beginnt mit einem schweren Country Rock im Titel “Same Ol‘ Me“. Offensichtlich vorbei sind die Zeiten der unbeschwerten Interpretationen wie seinerzeit “Drunk On A Plane“. Dierks Bentley ist hörbar gereift und geht musikalisch Wege, die zwischen Tradition und Moderne vermitteln. Bei “Heartbreak Drinking Tour“ nimmt Dierks Bentley seine Fans mit auf eine Tour durch die USA nach einer Trennung um wieder irgendwann in der Heimat der Country Music anzukommen. Ein fein erdachter Titel. Bei “Still“ versucht er beinahe behutsam den Unsicherheiten, die jeden Menschen in seinem Leben ereilen, ein Gesicht zu geben. “Beer At My Funeral“ greift ein altes Thema auf, wonach sich Menschen zu Lebzeiten wünschen, dass ihre Beerdigung nicht in Tränen und Gejammer ausarten, sondern als eine Party begangen werden. Der Berliner Liedermacher Klaus Hoffmann in Erinnerung an den genialen Chansonnier Jacques Brel hat es einst auf den Punkt gebracht: „Ich will Musik, will Spiel und Tanz, wenn man mich unter den Rasen pflügt.“ Was Cowboy Stiefel aus einem Menschen machen können, erzählt Dierks Bentley mit Kollegin Ashley McBryde in “Cowboy Boots“. Mit seinem Titel “Gold“ trifft er den Geschmack der Zeit und dürfte wohl für eine lange Weile in den Radio Play Listen zu finden sein. Mit “Walking Each Other Home“ holt Dierks Bentley weit aus, um zu beschreiben, was das Leben im Allgemeinen ausmacht und was uns Individuen zu dem gemacht hat, was wir sind. Im Titel “Ain’t All Bad“ resümiert er, dass nach der schmerzhaften Trennung das Leben weiter geht und dass nicht alles wieder gut ist, aber eben auch nicht alles schlecht ist. Mit 14 Tracks ist das Album “Gravel And Gold“ üppig ausgefallen und bietet eine knappe Stunde bester Unterhaltung. Dierks Bentley präsentiert sich gereifter und sowohl modern als auch traditionsbewusst. Ein richtig gutes Album.
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Iris DeMent – Workin‘ On A World
(VÖ: 24.02.2023)
Iris Dement ist als Singer/Songwriterin einzigartig. Nicht nur ihre Stimme mit dem Vibrato auch ihr Anspruch in ihren Texten markieren sie als eine ganz besondere Interpretin. Sie ist eine empfindsame Seele, eine Humanistin, die angesichts der immer drängender werdenden Probleme in der Welt nach Lösungen sucht. So verwundert es nicht, dass Iris DeMent in ihren 13 Titeln auf dem Album “Workin‘ On A World“ manch heißes Eisen anfasst. Mit dem Titelsong startet das Album und Iris DeMent bekräftigt, dass Engagement jetzt lohnenswert ist und zu einer anderen Welt führt, die man vielleicht nicht mehr selbst erleben wird. In “Going Down To Sing In Texas“ gelingt ihr ein richtiger Rundumschlag. Gegen den Waffenwahn in Amerika, für den Feminismus, gegen kommerzielle Ausbeutung durch Religionen, für Annäherung an Moslems und vor allem gegen den Krieg, wo auch immer er stattfindet. Dabei kleidet sie ihren Text in eine leichtgängige Melodie, die ihre “Erzählung“ untermalt. Damit ist das Album “Workin‘ On A World“ bereits eindeutig charakterisiert. Country Music weder oldtime noch aktuell sucht man bei Iris DeMent vergeblich. Allenfalls Alternative Country. Dafür jede Menge Folk, Americana und Gospel Music. Auch die Texte verlangen nach höherer Aufmerksamkeit. Es ist nicht ganz unbeschwert, ihren Texten zu folgen. Zudem legt Iris DeMent so viel Trauer und Leid in ihre Interpretationen, dass oft eine bedrückende Stimmung entsteht. Das ist keine Musik zum nebenbei hören. Andererseits ist es Musik für Liebhaber und schon gar nichts für Charts und Radio Play. Pur Iris DeMent eben.
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ERNEST – Flower Shops (The Album): Two Dozen Roses
(VÖ: 10.02.2023)
Die Single “Flower Shops“, die Ernest Keith Smith, der sich nur ERNEST nennt, mit Kollege Morgan Wallen auf seinem zweiten Studioalbum “Flower Shops (The Album)“ veröffentlichte, schlug sich zwar tapfer in den Charts, konnte aber dennoch keinen Mega Erfolg für den Singer/Songwriter aus Nashville generieren. Ebenso hatte das gesamte Album nur kleinere Achtungserfolge erreicht. Nun also gibt es eine Deluxe Version mit dem Namen “ Flower Shops (The Album): Two Dozen Roses“ mit 13 hinzugefügten Tracks. Mit 24 Titeln also ein Doppelalbum, welches die Möglichkeit bietet, den Sänger ERNEST näher kennenzulernen. Mit dem Opener “Sucker For Small Towns“ outet er sich erst einmal als Liebhaber kleiner Ortschaften und der ländlichen Idylle. Bei “Tennessee Queen“ schmachtet er seine Angebetete an und diesen weichgespülten Sound und die teils schnulzigen Emotionen zelebriert ERNEST auch auf den folgenden Tracks. In diesem Sujet ist “Flower Shops“ komfortabel eingebettet. Ein Chartstürmer konnte das aber nicht werden. Zu rockig orientiert, ist der Zeitgeschmack und solche mitnehmenden Balladen haben es halt sehr schwer. In “If You Were Whiskey“ wird das alte und immer aktuelle Thema der Zerstörung einer Beziehung durch den Alkohol bedient. Neben dem Titelsong vielleicht die stärkste Nummer des Ursprungsalbums “Flower Shops (The Album)“. Die hinzugefügte Akustik Version von “Flower Shops“ offenbart das Potenzial des Songs und überzeugt. Die Titel der Deluxe Version sind uniformiert und schielen unverhohlen auf Radio Play. Warum auch nicht? Nachvollziehbar und zum Schmunzeln geeignet ist der Titel “Drunk With My Friends“ in welchem ERNEST davon erzählt, dass die Fische nicht beißen aber das Bier schmeckt und die Angebetete nun echt angepi…t ist. Immer wieder geht es um das Thema Alkohol, so dass man beinahe versucht ist, einen autobiografischen Hintergrund zu vermuten. “Anything But Sober“ ist wieder solch ein Titel. Mit Kollege Dean Dillon folgt mit “What Have I Got To Lose“ eine herzzerreißende Ballade über die bittere Erkenntnis, dass “Sie“ nun fort ist und es nichts mehr zu verlieren gibt. ERNEST bleibt seinem romantisch verklärten und bittersüßen Stil bis zum Ende der Deluxe Version seines Albums “ Flower Shops (The Album): Two Dozen Roses“ treu, wobei einige Titel sehr simpel gestrickt sind. Auch das Doppelalbum wird ERNEST nicht ganz nach oben katapultieren.
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Robert Abernathy – Country Roots
(VÖ: 20.01.2023)
Mit dem ersten Titel “Don’t Take Me Serious“ seines Albums “Country Roots“ gibt Robert Abernathy sogleich das Motto vor, dem man leicht folgen kann. Das, was als Country Wurzeln überschrieben ist, entpuppt sich als ein Sammelsurium von Stilmischungen, die sich mit der einen oder anderen Country Attitüde vermengen. Mal Rock, mal Pop dann wieder R&B, er macht es nicht leicht die Country Wurzeln zu erkennen. Dennoch findet man Country Music etwa bei “Should Have Taken Him Fishing“ oder bei “Storm Worth The Ride“. Und dann hat Robert Abernathy seine Coverversionen von “Paint Me A Birmingham“, einst ein Top Five Hit für Tracy Lawrence, und den Ronnie Milsap Klassiker “Stranger In My House“ zu bieten. Gerne hört man diese Hits in beinahe neuem Gewand. Doch die letzten drei Titel des 12 Tracks umfassenden Albums “Country Roots“ sind wieder den rockigen Klängen vorbehalten. Zu abrupt sind die Kehrtwendungen, die Robert Abernathy den Konsumenten hier zumutet. Zumal kein Titel wirklich herausragend scheint.
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Shania Twain – Queen Of Me
(VÖ: 03.02.2023)
Schon der erste Titel des lange erwarteten, weil angekündigten, Albums von Shania Twain macht klar, dass die Abräumerin der 1990er Jahre noch weiter in Richtung Pop abgedriftet ist. Die zwölf Titel auf ihrem neuen Album “Queen Of Me“ strotzen nur so vor Pop Music mit jeder Menge Computer Gedöns. Dabei kann man beim genauen Hinhören die Stimme einer gereiften Frau vernehmen, die wunderbar für Country Music geeignet ist. Würde Shania Twain doch nur wieder zu ihren Ursprüngen zurückkehren. Doch teilweise sind die Titel mit unglaublich, Verzeihung, dämlichen Popelementen gespickt, dass es beim Hören einem den Magen umdreht. Also zwölfmal schnell weitergeschaltet und sich eine gute halbe Stunde Enttäuschung erspart.
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Tim Stafford & Thomm Jutz – Lost Voices
(VÖ: 05.02.2023)
Dass sich der gebürtige Badenser Thomm Jutz in Nashville einen, mittlerweile geachteten, Namen als Produzent, Songschreiber und Interpret gemacht hat, wurde spätestens durch seine Grammy Nominierungen im Bereich Bluegrass deutlich. Für ihn ist die Bewahrung alter Melodien, alter Themen und Arrangements eine Herzensangelegenheit. Für das Album “Lost Voices“ hat er sich während der Pandemie Zeit mit Tim Stafford zusammengetan, um Songs zu schreiben. Tim Stafford, der Professor und Bluegrass Urgestein, hat sicher auch die Kontakte zu Dale Ann Bradley hergestellt, die vielfache Gewinnerin des Preises “Female Bluegrass Vocalist Of The Year“, die beim feinen Titel “Callie You“ den Gesangspart gestaltet. Nun mag es beeindruckendere Stimmen in der Country oder Bluegrass Szene geben, als Tim Stafford oder Thomm Jutz, aber die Feinfühligkeit mit der die beiden ihren Songs Leben einhauchen ist schon toll. Hinzu kommen Instrumente, die man gekonnter nicht einspielen kann. Musikgenuss garantiert. Folgt man den Themen, wird man auf The Great Depression ebenso aufmerksam gemacht, wie auf die, des Menschen innewohnende, Hoffnung auf bessere Tage. So ist das Album “Lost Voices“ ein sympathischer Widerstand gegen das Vergessen vergangener Motivationen, Erfahrungen in Musik zu fassen und zu berichten, was das Leben den Menschen oft aufbürdet. Das ist Musik für Liebhaber. Alle Fans von Mainstream und Radio Play lassen hier sicher mal aus. Doch “verlorene Stimmen“ sind mit dieser Produktion bestimmt vor dem Vergessenwerden gerettet. Die Bluegrass Fans wissen, was sie an Thomm Jutz und Tim Stafford haben.
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Brit Taylor – Kentucky Blue
(VÖ: 03.02.2023)
Wenn man an der Country Music Row, der Route 23 in Kentucky, aufwächst, ist Country Music vom Feinsten ein ständiger Begleiter. Schon so viele Künstler und Künstlerinnen stammen von dort. So auch Brit Taylor, die ihren Ausflug nach Nashville und ihre Bemühungen dort Fuß zu fassen, schnell als große Frustration verbuchen musste. „Ich will lieber beschi…ne Toiletten schrubben als beschi…ne Songs zu schreiben.“ Eine bittere Erkenntnis für die Sängerin und Songschreiberin aus Kentucky, die als ihre großen Idole u.a. Chris Stapleton, Loretta Lynn, Dwight Yoakam oder Patty Loveless nennt. Mit den Produzenten Sturgill Simpson und David Ferguson hat sie nun in Eigenregie mit eigenem Label ihr Album “Kentucky Blue“ am Start. Gleich mit einer Hymne auf die Abgeschiedenheit weit weg von Neon Lichtern geht es bei “Cabin In The Woods“ los. Etwas Bluegrass, etwas Drum Rhythmus und fertig. Ihrem Anspruch an gute Texte wird sie bei “Anything But You“ nicht unbedingt gerecht. Ein Liedchen. Ein Liebeslied sowohl für den Liebsten als auch für die Heimat Kentucky hat Brit Taylor mit “Kentucky Blue“ zum Titelsong ihres Album erkoren. Das Album ist melancholisch und hat trotz einiger Ausflüge in Pop Arrangements einen Country Bezug erhalten können. Einen besonderen Unterhaltungswert haben die zehn Titel des Albums “Kentucky Blue“ von Brit Taylor aber nicht. Einzig das Bekenntnis zu traditioneller Country Music, welches in der Stimme von Brit Taylor mitschwingt, kann ein Pluspunkt sein. Im Opener Track singt sie, dass sie manchmal schon Leute vermisst, die mit ihr am Lagerfeuer sitzen und der Musik frönen. Die Songs des Albums würden sicher dort ganz gut platziert sein.
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Chase Rice – I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell
(VÖ: 10.02.2023)
Nach dem Mega Erfolg des Titels “Cruise“ von Florida Georgia Line, an welchem Chase Rice mitgeschrieben hatte, wurde “Nashville“ auf den Mann aus North Carolina aufmerksam und seine Karriere sollte starten. Allerdings tat sie das bislang einigermaßen verhalten. Seit 2012 hat Chase Rice fünf Alben veröffentlicht, welche bis auf “Ignite The Night“ (2014) nicht groß beachtet wurden. Nun soll das neue Album “I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell“ ein neuer Anlauf für Chase Rice werden. Der Titel ist provokant und erlangt schon daher Aufmerksamkeit. Im Titel “All Dogs Go To Hell“ offenbart sich aber, dass es sich hier um ein umgekehrtes Songwriting handelt. Was negiert erzählt wird, soll in Wahrheit gelten. Beispiel: „Everybody knows the devil went down to Florida and everybody goes „Roll Tide“ up in Georgia. John Deere’s are blue and the bluegrass ain’t green. John Cash ain’t cool and George Strait ain’t king.“ Und so ist auch “Nein Schatz, ich vermisse dich überhaupt nicht“ in umgekehrtem Sinn gemeint. Mit “Bench Seat“ hat Chase Rice einen sehr nachdenklich machenden Titel aufgenommen und “Live Part Of Livin‘“ thematisiert das Erwachsenwerden. In unserer aktuell von Political Correctness verirrten und von Moralaposteln getadelten Gesellschaft, wäre ein Titel wie “A Bad Day For A Cold Beer“ kaum denkbar wenn das Wochenendvergnügen im Saloon mit jeder Menge kaltem Bier die Belastungen der vergangenen Woche vergessen machen soll. Und “Sorry Mama“ schon gar nicht, wo es um einen vom Whiskey geleiteten Sohn geht, der die Mutter um Verzeihung bittet. Zum Schluss des 13 Tracks umfassenden Albums “I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell“ wird bei “I Hate Cowboys“ auch aufgelöst, warum Chase Rice die Rodeo Cowboys so hasst. Sie mischen die örtlichen Saloons und die Mädchen ordentlich auf und sind dann wieder verschwunden. Die gebrochenen Herzen aber bleiben zurück. Manchmal hat Chase Rice akustische Musik im Angebot, manchmal sind die Titel rockig konzertant aufgemotzt. Dieses Album wird kein Meilenstein der Country Music. Es ist aber durchaus gute Unterhaltung.
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Easton Corbin – Let’s Do Country Right
(VÖ: 11.11.2022)
Da hat sich Easton Corbin die Latte selbst ganz hoch gelegt mit dem Titel seines Albums vom Herbst des vergangenen Jahres “Let’s Do Country Right“. Was richtige Country Music ist und was immer wieder teils heftige Verbiegungen aushalten muss, wird ja leidenschaftlich kontrovers diskutiert. Easton Corbin versteht seine Country Music als traditionsgegründet aber mit jeder Menge Pop Music und Rock verändert. Gerade der Titelsong kann seiner Headline nicht gerecht werden. Neben all den “angepassten“ Country Songs hat Easton Corbin aber auch Titel zu bieten, die, wie “Whiskey Don’t Take Me Back“ den Country Spirit umsetzen. Der verdammte Schnaps ist einfach nicht die richtige Medizin um wieder zum alten Leben und der Beziehung zurück zu führen. Leider sind solche Töne auf dem Album in der Minderheit. Nur der Schlusstitel “In It“ kann da noch einmal für feine Stimmung sorgen. Das Album “Let’s Do Country Right“ erweist sich musikalisch als “eierlegende Wollmilchsau“ und lässt eine Konsequenz im Sinne des Titels leider vermissen. Nach acht Jahren seit dem letzten Album durfte man mehr erwarten als dem Zeitgeist und den Radio Plays hinterher zu hecheln.
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HARDY – The Mocking Bird & The Crow
(VÖ: 20.01.2023)
Im Jahr 2022 wurde Michael Wilson Hardy bei den Academy Of Country Music Awards als bester Songwriter Of The Year ausgezeichnet. Er nennt sich einfach HARDY und veröffentlicht nun sein viertes Studioalbum. Mit 17 Tracks ist das Album “The Mocking Bird & The Crow“ sehr üppig ausgefallen und das hat einen Grund. Während die ersten acht Titel noch einigermaßen an Country Music der Neuzeit anknüpfen, wird es ab Track Nummer 9 zunehmend rockiger und entfernt sich von Country Music, selbst der aktuell gern gesehenen Rock Country Abwege. Da ist der Titel Nummer 14 “I Ain’t In The Country No More“ zum Programm. Fans wirklicher Country Music werden hier mit Schaudern zuhören. Oder sie schalten vorher ab. Selbst die Versuchung auf die Texte zu hören, handelt es sich doch um einen prämierten Songschreiber, hält sich in Grenzen. Freunde von Country Rock werden mit den ersten Tracks bedient. Ob sie dann auch den Rocker in sich entdecken, sei dahingestellt. Diesen Versuch von HARDY mit seinem Album “The Mocking Bird & The Crow“ hat tatsächlich etwas von einer “Spottdrossel“, die Country Fans provozieren möchte.
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The Gibson Brothers – Darkest Hour
(VÖ: 27.01.2023)
Kein Geringerer als Jerry Douglas hat als Producer die Verantwortung für das neue Album “Darkest Hour“ der Gibson Brothers übernommen. Eric und Leigh Gibson sind Bluegrass Fans seit Langem bekannt. Ihr Bluegrass, der auch manchmal in Richtung Americana gehen kann, ihr klarer und harmonischer Gesang und letztlich ihre Songauswahl machen ihre Alben so hörenswert. Wenn, wie in diesem Fall, der Altmeister der Dobro Jerry Douglas sein Können beisteuert, ist ein Hörgenuss garantiert. “I Feel The Same As You“ ist ein wunderbar vorgetragenes Stück, “Shut Up And Dance“ und “I Go Driving“ sind genauso mitnehmend wie ungewöhnlich für ein Bluegrass Duo. Der Titelsong “Darkest Hour“ bedarf keiner Übersetzung, wenn man bereit ist, den emotionsgeladenen Melodien zu folgen. Bei “Dust“ darf dann einmal Highspeed Bluegrass in den Vordergrund treten. “Darkest Hour“ ist ein Album, welches Bluegrass mit feinem Songwriting, gut durchdachtem Arrangement und tollen Künstlern an den Instrumenten verbindet. Von wegen Bluegrass. Hier ist eine richtig tolle Mischung gelungen. Diese halbe Stunde bietet beste Unterhaltung.
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Tyler Hubbard – Tyler Hubbard
(VÖ: 27.01.2023)
Ein Album nach ihm selbst benannt, kann nicht verhehlen, dass diese Musik schon genügend im Repertoire des Duos mit Kollege Brian Kelley präsentiert wurde. Also, Fans von Florida Georgie Line sollte dieses Album von Tyler Hubbard, welches einfallslos “Tyler Hubbard“ heißt, Freude bereiten. Allen anderen sei der Griff nach dieser Musik, die die Country Music immer wieder negiert, eher nicht zu empfehlen. Okay, der Radio Knaller “5 Foot 9“ scheint gerade viral zu gehen. Aber 17 Tracks, mehr oder weniger derselbe Sound, das gleiche Arrangement und die gleiche Stimme sind ermüdend. Wer da annähernd eine Stunde aushält…alle Achtung.
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Bill Evans – Things Are Simple
(VÖ: 13.01.2023)
Mit dem Steve Martin Banjo Prize 2022 wurde Bill Evans noch im November 2022 hoch geehrt und nun legt er sein neues Album “Things Are Simple“ vor. Bill Evans beschreibt sein Album so: “Things Are Simple ist eine musikalische Biografie, buchstäblich eine musikalische Beschreibung all dessen, was mir und meiner Familie in den letzten Jahren widerfahren ist. Diese Aufnahme zeichnet unsere Reise von der Trauer zur Freude nach und konzentriert sich auf die Liebe und den Zusammenhalt der Familie. Ich wollte die Aufmerksamkeit des Hörers auf die Melodien und die kontemplative Stimmung dieser Stücke lenken, und wir haben versucht, das Spiel so einfach und so schön wie möglich zu halten. Ich bin so stolz auf die Arbeit, die jeder bei dieser Aufnahme geleistet hat. Ich hoffe, dass Sie an dieser Aufnahme noch viele Jahre lang Freude haben werden und darin eine Bedeutung finden.“ Für die Umsetzung seines Anspruches hat er sich herausragende Musiker ins Studio geholt. John Reischman zelebriert die Mandoline, Jim Nunally fügt gefühlvolle Gitarrenklänge hinzu, Chad Manning sorgt mit seiner Fiddle für einen samtweichen Klangteppich und Sharon Gilchrist bildet mit dem Bass den Rückhalt in Tempo und Tiefe. Als Leadsänger ist Bill Evans vielleicht nicht in der gleichen Liga wie als Banjo Spieler doch sein “True He’s Gone“ ist eindringlich und erinnert nostalgisch arrangiert an vergangene Zeiten des Folk Country. Auch der Titelsong ist ein Duett mit Ehefrau Babi und handelt von deren Eheschließung. Unter den zehn Tracks des Albums sind natürlich auch virtuose Highspeed Titel wie “Gertie & Jake“ oder “Chinquapin Hunting“. Und immer wieder ruhigere Bluegrass Titel, die zum Ausruhen einladen. Etwa “Road To Ruidoso“, “Midnight In Rosine“ oder der über sechs Minuten währende “Black Range Waltz“. Die erwähnte “Reise von der Trauer zur Freude“ ist Bill Evans mit dieser feinen Musik auf seinem Album “Things Are Simple“ gelungen.
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Colton James – America
(VÖ: 20.01.2023)
Colton James ist sich und seiner Liebe zu seiner Familie, seinem Land und seinem Gott musikalisch treu geblieben. Schon mit der Single und dem Opener “I Miss America“ auf seinem Album “America“, beschwört er rückwärtsgewandt die gute alte Zeit und die Werte seines Landes, die er schwinden sieht. So bleibt Colton James der Vorzeige Patriot, der er aus voller Überzeugung ist. Doch auch Liebesballaden kann er transportieren. Etwa bei “Ring On Her Finger“, wo er den Ring am Finger seiner Angebeteten sieht, die seinen besten Freund geheiratet hat. “47 Acre Farm“ erinnert an den Großvater und das harte Landleben und in “Richest Man Alive“ singt er die Hymne auf die Frau mit der er sein Leben teilt. Colton James erzählt mit klaren Worten und überwindet leicht Sprachbarrieren. Hinzu kommt ein rockiger erdiger Country Sound, der seine Geschichten hervorragend unterstreicht. Die Hommage an die Truppen fehlt nicht und Colton James entbietet im Ich-Erzähler Stil seine Ehrerbietung in “Brave Men“. Das einfach gezeichnete Bild des gelobten Lebens in seinem America hat natürlich den “American Farmer“ im letzten der sieben Songs nicht ausgelassen. “America“ von Colton James ist ein durch und durch patriotisches Album, welches ganz sicher den Nerv der erzkonservativen Fans in Amerika trifft.
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Elle King – Come Get Your Wife
(VÖ: 27.01.2023)
Ihren Musikstil bezeichnet Tanner Elle Schneider, Künstlername Elle King, ständig wechselnd zwischen Blues, Soul, Rock und auch Country. Zu dieser Aufzählung gehört unbedingt auch Pop Music. Elle King in eine musikalische Schublade stecken zu wollen, wird nicht gelingen. Hinzu kommt, dass die in Los Angeles geborene Sängerin auch als Songschreiberin und Schauspielerin ihre musischen Talente auslebt. Dierks Bentley überredete Elle King ein Country Album aufzunehmen. Es wäre aber nicht Elle King, wenn es ein klassisch traditionelles Country Music Album geworden wäre. Obwohl das Duett mit eben jenem Dierks Bentley “Worth A Shot“, ein Spiel mit dem Feuer um ein Wiederauferstehen der vergangenen Beziehung, inhaltlich country ist. Einen gehörigen Schuss Pop bringt Elle King mit in diesen Titel. Elle King singt ihr “Lucky“ mit solcher Zerrissenheit, dass man auch ohne den Text zu verstehen weiß, um welche Gefühle es sich handelt. Bei “Tulsa“ ruft sie dem verschwundenen Ex einige Schmähungen nach und ist plötzlich eine Femme Fatale. Mit “Blacked Out“ und “Out Yonder“ wird es richtig rockig und mit einem bluesigen “Love Go By“ endet das 12 Tracks umfassende Album “Come Get Your Wife“. Ach ja, da ist noch der Radio Smash Hit “Drunk (And I Don’t Wanna Go Home)“ mit Kollegin Miranda Lambert, der nach fast 30 Jahren (damals mit “Does He Love You“ von Reba McEntire und Linda Davis) erneut für ein Frauen Duo einen Top One Erfolg einbrachte. Wo auch immer der Album Titel herkommen mag, “Come Get Your Wife“ ist ein bemerkenswertes Album von Elle King. Sie wird weiterhin ihren eigenen Weg gehen. Bleibt zu hoffen, dass sie einmal wieder Gefallen an Country Music findet. Für dieses Genre ist Elle King ganz sicher eine Bereicherung.
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Margo Price – Strays
(VÖ: 13.01.2023)
Margo Price ist eine Sängerin aus Nashville, die die Grenzen der Country Music erweitern möchte. Mit ihrem vierten Album “Strays“ hat sie sich ein Genre ausgesucht, das schon seit den 1960 Jahren als Cosmic Country bekannt ist. Damals hat man in allen Genres der Musik die Grenzen ausgetestet. Entweder mit psychedelischen Drogen oder mit ersten Versuchen, verschiedene Genres miteinander zu verbinden. Experimentell ist diese Musik und verwirrt zunächst. So ist auch der Hörgenuss des Albums “Strays“ von Margo Price für Konsumenten, die Country Music erwarteten, eher abschreckend. Lässt man die Lyrics einmal außen vor, denen man gerne folgt, wenn die Musik das Herz trifft, bleibt ein Album, das vor lauter experimenteller und psychedelischer Ektasen den Weg zu Country Music verstellt. Zehn Titel von denen man keinen einzigen Country Fan vom Hocker reißen kann. “Strays“ könnte man auch als Irrläufer übersetzen und so klingt das auch. Ob es dafür Fans gibt?
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Nathan Carter – The Morning After
(VÖ: 27.10.2022)
Fleißig ist er, der britisch-irische Interpret Nathan Carter. Mit “The Morning After“ hat er seit 2007 nun sein 13. Studioalbum veröffentlicht. Auch diesmal wieder mischt er Cover Songs, Traditionals und eigenes Material und sorgt mit den 12 Tracks des Albums für genügend Abwechslung. Mit fröhlichem Cajun Sound beginnt das Album mit dem Titelsong, gefolgt vom Cover des Tim McGraw Hits “Humble And Kind“. An den Hall & Oates Titel “You Make My Dreams Come True“ wagt er sich genauso, wie an den Shanty Song “Heave Away“. Bei “Keg Of Brandy“ wird man in den irischen Pub versetzt und das anschließende “Conway Twitty Medley“ ist fein gemacht und wird gefolgt vom Johnny Rodriguez Knaller “Ridin‘ My Thumb To Mexico“. Wenn mit “How Great Thou Art“ das Album endet, hat man ein musikalisches Allerlei gehört, welches mal Pop Music mal irische Volksmusik und andeutungsweise Country Music präsentiert. Nathan Carter hat eine angenehme Stimme, die durchaus mehr zu bieten hat als in alten Regalen irgendwelche Klassiker aufzustöbern. “The Morning After“ hinterlässt tatsächlich einen Eindruck wie die selbstkritische Frage am Morgen danach…
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Pony Bradshaw – North Georgia Rounder
(VÖ: 27.01.2023)
Schwere Kost hat Pony Bradshaw auf seinem Album “North Georgia Rounder“ zu bieten. Seine Musik ist in fast allen der acht Tracks schwermütig, düster und bluesig. Dabei beginnt das Album mit “Foxfire Wine“ noch recht beschwingt. Doch die metaphorisch verschwurbelten Texte können keinen unverstellten Hörgenuss anbieten. Nach einer guten halben Stunde, wenn man durchhält, ist man reif für eine emotionale Lockerung. In die Charts kommt so etwas niemals und fröhliche Unterhaltung ist anders. Ganz anders.